Rz. 7
Der gesetzliche Forderungsübergang i. S. d. § 6 Abs. 1 EFZG ist begrenzt auf Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegenüber einem Dritten (vgl. Rz. 14), die aufgrund gesetzlicher Vorschriften bestehen und den Verdienstausfall des Arbeitnehmers betreffen. Er greift nur dann, wenn der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 Abs. 1 EFZG an den Arbeitnehmer leistet.
Rz. 8
Die Tatbestandsvoraussetzungen für den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 6 Abs. 1 EFZG sind im Überblick:
- Schadensersatzanspruch aufgrund gesetzlicher Vorschriften
- Verdienstausfallschaden
- Dritter als Schädiger
Rechtsfolge ist der Übergang des Schadensersatzanspruchs auf den Arbeitgeber.
2.1 Schadensersatzanspruch aufgrund gesetzlicher Vorschriften
Rz. 9
§ 6 Abs. 1 EFZG setzt zunächst voraus, dass der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers auf einer gesetzlichen Vorschrift beruhen muss. Zu diesen Vorschriften zählen insbesondere:
Rz. 10
Schadensersatzansprüche aufgrund gesetzlicher Vorschriften können sich zudem aus Vertragspflichtverletzungen (Unmöglichkeit, Verzug etc.) gem. §§ 280 ff. BGB ergeben.
Rz. 11
Unanwendbar ist § 6 Abs. 1 EFZG hingegen auf Ansprüche des Arbeitnehmers auf Vertragserfüllung gegenüber einem Dritten, z. B. gegenüber einem Versicherungsträger aus einem Versicherungsvertrag für den Fall eines Verdienstausfalls. Soweit der Arbeitnehmer aufgrund der Versicherungsleistungen einen doppelten finanziellen Ausgleich erhält, ist dies im Hinblick auf die Beitragsleistungen des Arbeitnehmers an den Versicherungsträger gerechtfertigt.
2.2 Verdienstausfallschaden
Rz. 12
Der gesetzliche Forderungsübergang nach § 6 Abs. 1 EFZG erfasst – unabhängig von der Anspruchsgrundlage des Schadensersatzanspruchs – ausschließlich die bestehenden Ansprüche des Arbeitnehmers gegenüber dem Schädiger, die wegen der eingetretenen Arbeitsunfähigkeit zu einem Verdienstausfall führen.
Rz. 13
Nicht erfasst werden hingegen z. B. Ansprüche des Arbeitnehmers auf Ersatz von
- materiellen Schäden,
- Heilungskosten oder
- Schmerzensgeld.
Dass derartige Ansprüche nicht auf den Arbeitgeber übergehen, erklärt sich aus dem Sinn und Zweck des § 6 EFZG. Da der Arbeitgeber insoweit keine Leistungen erbringt, ist eine Doppelentschädigung nicht zu befürchten und es fehlt jeder Grund, den Arbeitgeber durch den Anspruchsübergang zu bevorteilen; gleichzeitig benötigt der geschädigte Arbeitnehmer den Anspruch selbst, da er von anderer Seite keine entsprechenden Leistungen erhält. Etwa ersparte berufsbedingte Aufwendungen sind im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnen.
2.3 Dritter als Schädiger
Rz. 14
Eine weitere Voraussetzung für den gesetzlichen Anspruchsübergang i. S. d. § 6 Abs. 1 EFZG ist, dass sich der Anspruch gegen einen Dritten, nicht aber gegen den Arbeitgeber richtet. Dritter kann jede natürliche oder juristische Person sein. Es kann sich auch um eine Mehrheit von Personen (mehrere Schädiger) handeln.
Rz. 15
Als Dritte i. S. d. § 6 Abs. 1 EFZG kommen danach grundsätzlich auch Arbeitskollegen und Familienangehörige in Betracht. Bei Verdienstausfallschäden, die durch diese beiden Personengruppen verursacht werden, gelten jedoch im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 6 EFZG Besonderheiten und Einschränkungen.
2.3.1 Familienangehörige
Rz. 16
Der Vorschrift des § 6 Abs. 1 EFZG lassen sich zwar ausgehend von ihrem Wortlaut keine Besonderheiten bzw. Einschränkungen bei Familienangehörigen entnehmen. Die vergleichbaren Regelungen der §§ 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X und § 86 Abs. 3 VVG zu einem gesetzlich angeordneten Forderungsübergang bei Dritthaftung schließen einen solchen jedoch in den Fällen aus, in denen ein Familienangehöriger, der im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten in häuslicher Gemeinschaft lebt, den Verdienstausfallschaden fahrlässig herbeigeführt hat. Mit Wirkung zum 1.1.2021 wurde die Regelung in § 116 Abs. 1 SGB X neu gefasst und das Familienprivileg durch ein Haushaltsangehörigenprivileg ersetzt. In de...