Wie eingangs beschrieben, handeln viele Menschen in verschiedenen Lebensbereichen selbstschädigend, ob in Form von ungesunder Ernährung, Bewegungsmangel oder Alkohol- und Tabakkonsum. Eine ungesunde Lebensweise kann sich negativ auf die Gesundheit und dadurch auf das Arbeitsleben auswirken, weshalb u. a. Unternehmen mit (steigenden) Krankenständen zu kämpfen haben. Daneben stehen auch viele Unternehmen vor der Herausforderung, dass sie zwar ihren Mitarbeitern Maßnahmen zur Gesundheitsförderung anbieten, diese jedoch lediglich von denjenigen beansprucht werden, die sich ohnehin bereits gesundheitsförderlich verhalten; die eigentlich anvisierten Zielgruppen werden aber oftmals nicht erreicht und Teilnahmequoten fallen gering aus.
Zieht man nun das Stufenmodell der Verhaltensänderung (s. Abschn. 1 und Abb. 2) heran, kann der Nudging-Ansatz hier Anwendung finden. Gerade weil die erste Phase (Absichtslosigkeit) so stabil oder hartnäckig ist, macht es hier Sinn, Nudges zu integrieren, also mit Tricks zu arbeiten. Nutzen beispielsweise in einem Unternehmen vermehrt Übergewichtige den Aufzug, können Sie durch ansprechende Schilder/Schrittzähl-Apps dazu motiviert werden, öfter die Treppe zu nehmen. Zudem können in der Kantine gesunde Speisen prominenter platziert werden.
Zudem können Nudges auch in der letzten Stufe Anwendung finden, um die Aufrechterhaltung eines gesundheitsförderlichen Lebensstils zu unterstützen. Jedoch empfiehlt es sich, hier mit anderen Nudges zu arbeiten. Dabei sollten neuere, frischere Methoden genutzt werden, da ggf. die Nudges der ersten Stufe bereits zu alt/überholt sind oder an diese erste, hartnäckige Phase erinnern.
Dies setzt jedoch voraus, dass dem Unternehmen/den BGM-Beauftragten die jeweiligen Stufen und Personen-/Risikogruppen, die den jeweiligen Stufen zugeordnet sind, bekannt sind.
Abb. 2: Beispielhafte Anwendung im BGM
Gestaltungsmodelle können im Rahmen von Nudging als Leitlinie für die Entwicklung von passgenauen Nudges gesehen werden. Nach dem folgenden Modell sollten Verhaltensanreize nach den Prinzipien einfach (easy), attraktiv (attractive), sozial relevant (social) und zeitlich klug (timely) gewählt sein.
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Was ist zu tun? |
Warum? |
Beispiel |
Make it easy (Einfachheit) |
- Informationen leicht verständlich aufbereiten
- Einfachen Zugang zu den Informationen sicherstellen
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Menschen bevorzugen Entscheidungen, die einfach und ohne Aufwand zu treffen sind. |
Das Hinweisschild zur Nutzung der Treppe ist im direkten Blickfeld, es stellt alle Informationen kurz und knapp bereit. |
Make it attractive (Attraktivität) |
- Botschaften und Anreize attraktiv formulieren und gestalten
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Menschen wählen bevorzugt eine Option, wenn diese Aufmerksamkeit erregt und sie sich von dieser angesprochen fühlen. |
Die Botschaft ist mit einer auf den Betrieb angepassten Grafik versehen und einprägsam formuliert. |
Make it social (soziale Einbettung) |
- Auf soziale Normen, Netzwerke und Verbindlichkeiten setzen
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Menschen sind beeinflussbar von ihren Mitmenschen und deren Handlungen. |
Eine vom gesamten Kollegium anerkannte Person/Führungskraft achtet besonders auf rückengerechtes Arbeiten, regelmäßige Nutzung des höhenverstellbaren Schreibtisches und nutzt Treppen anstelle von Aufzügen. |
Make it timely (günstiger Zeitpunkt) |
- Den Faktor Zeit beachten und das richtige Timing wählen
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Menschen zeigen häufig Zeitinkonsistenzen bei Entscheidungen. |
Die Hinweisschilder sind direkt an den Treppen angebracht, um deren Nutzung zu bewerben und stehen somit in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Entscheidungssituation. |
Tab. 4: Anwendung des EAST-Modells unter Berücksichtigung von Beispielen
Wie man anhand der Schilder in Abb. 3, die im Treppenhaus der IKK Südwest hängen, erkennt, berücksichtigen diese entsprechende Botschaften (attractive) zur Nutzung der Treppe ("Nimm mich!") bzw. regen zum Nachdenken an, ob man wirklich den Aufzug nehmen möchte ("Wollen Sie wirklich …"?). Zudem werden das Corporate Design sowie das Firmenlogo der IKK berücksichtigt ("Gesunde IKK – Gemeinsam mehr bewegen"). Darüber hinaus können an den jeweiligen Treppenstufen Informationen zur potenziell verbrauchten Energie angebracht werden.
Abb. 3: Treppen-Nudges