BMF, Schreiben vom 26.4.2022, IV C 3 – S 2190/21/10002 :028 (DOK 2022/0370233)
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke Ihnen für Ihr Schreiben zum BMF-Schreiben zur Nutzungsdauer von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung vom 22. Februar 2022.
Zu Ihren Änderungs- und Erläuterungsbitten möchte ich folgendes ausführen:
Die Neufassung vom 22. Februar 2022 des BMF-Schreibens zur Nutzungsdauer von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung vom 26. Februar 2021reagiert bereits auf Fragen aus der Wirtschaft sowie von Verbänden und Anwendern und bietet durch die im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder formulierten Ergänzungen die von der Praxis eingeforderten Klarstellungen.
Die vorliegende Neufassung vom 22. Februar 2022 ändert nicht den mit dem BMF-Schreiben vom 26. Februar 2021 beabsichtigten Regelungsgehalt. Insbesondere sollen mit diesem BMF- Schreiben keine besondere Form der Abschreibung und keine andere neue Abschreibungsmethode eingeführt werden.
Steuersystematischer Hintergrund der Regelungen des BMF-Schreibens:
Grundsätzlich richtet sich die Absetzung für Abnutzung (AfA) für bewegliche Wirtschaftsgüter nach § 7 Absätze 1 bis 3 EStG. Der Abschreibungszeitraum für bewegliche Wirtschaftsgüter bemisst sich dabei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Die Nutzungsdauer ist unter Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Verhältnisse zu schätzen. Hierbei sind sowohl die betriebsgewöhnliche Lebensdauer, die technische Leistungsfähigkeit und die betriebliche Auslastung, aber auch wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
So genannte „AfA-Tabellen„ wurden als Hilfsmittel zur Schätzung der Nutzungsdauer von allgemein verwendbaren bzw. branchentypischen Anlagegütern erarbeitet. Die in ihnen festgehaltenen Werte beruhen auf Erfahrungswissen. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine Normierung einer bestimmten Nutzungsdauer für ein bestimmtes Wirtschaftsgut. Die in den AfA-Tabellen angegebene Nutzungsdauer dient als Anhaltspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit der steuerlichen AfA. Sie orientiert sich an der tatsächlichen Nutzungsdauer eines unter üblichen Bedingungen arbeitenden Betriebs und kann je nach Einzelfall länger oder kürzer sein.
Für die Abschreibung maßgebend ist zwar vorrangig die technische Nutzungsdauer. Eine hiervon abweichende kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer kann aber dann Einfluss auf die Abschreibungsdauer haben, wenn das Wirtschaftsgut erfahrungsgemäß vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich verbraucht ist. Im Ergebnis ist die Bestimmung der für die Abschreibung zu Grunde zu legenden Nutzungsdauer eine sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich zu beurteilende Frage. Sie ist jedoch unabhängig von einer gegebenenfalls tatsächlich längeren Nutzung des Wirtschaftsgutes im Betrieb. Es kann daher vorkommen – und kommt auch bei den verschiedensten Wirtschaftsgütern vor – , dass für den Ansatz der planmäßigen Abschreibungen in der Handelsbilanz ein anderer Abschreibungszeitraum zu Grunde gelegt wird als für die Absetzung für Abnutzung in der Steuerbilanz (Beispiel ERP-Software: Handelsbilanz: 8 Jahre Nutzungsdauer, Steuerbilanz 5 Jahre Nutzungsdauer aufgrund des BMF-Schreibens vom 18. November 2005 (BStBl 2005 I S. 1025)).
Derzeitig geführte Diskussion um das BMF-Schreiben vom 22. Februar 2022
Zentraler Punkt der gegenwärtig geführten Diskussion ist die Frage, ob die betroffenen Wirtschaftsgüter auch bei der vorgeschlagenen Annahme einer nur einjährigen Nutzungsdauer weiterhin dem § 7 Absatz 1 EStG und damit der Abschreibung unterliegen. Denn gemäß § 7 Absatz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter, deren Verwendung oder Nutzung zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, über den Zeitraum der voraussichtlichen Gesamtnutzung abzuschreiben.
Die vom BMF-Schreiben erfassten Wirtschaftsgüter können auch weiterhin mehr als ein Jahr zur Erzielung von Einkünften verwendet werden. Das wird auch mit den im BMF-Schreiben enthaltenen Aussagen nicht verändert. Bereits zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung des Schreibens am 26. Februar 2021 war es nicht beabsichtigt, die Wirtschaftsgüter zu kurzlebigen Vermögensgegenständen umzuqualifizieren. Schon gar nicht sollte und konnte mit dem BMF-Schreiben eine neue Abschreibungsmethode in Form einer Sofortabschreibung geregelt werden. Vielmehr stand allein die Frage nach der der Abschreibung gem. § 7 Absatz 1 EStG zugrunde liegenden Nutzungsdauer dieser Wirtschaftsgüter im Fokus. Ziel war es unbestritten, dass für die betroffenen Wirtschaftsgüter die Abschreibungsbedingungen schnell und unbürokratisch verbessert werden sollten. Vor diesem Hintergrund wurde die voraussichtliche wirtschaftliche Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter neu beurteilt. Die technische Nutzungsdauer bleibt hiervon unberührt. Der Ansatz der kürzeren wirtschaftlichen Nutzungsdauer für die Abschreibung ist zulässig.
Bei dem „Angebot” ...