Nun stellt sich die Frage nach Ansätzen und Möglichkeiten, wie eine offene Fehlerkultur im Unternehmen umgesetzt und gefördert werden kann. Die folgenden sechs Erfolgsfaktoren einer offenen Fehlerkultur geben hier Orientierung.
3.1 Erfolgsfaktor 1: Top-Management als Initiator und Impulsgeber
Fehlerkultur im Unternehmensleitbild verankern
Fehlerkultur ist Chefsache! Daher ist das Top-Management ein wichtiger Impulsgeber für die Fehlerkultur. So ist es Aufgabe des Top-Managements, die Rahmenbedingungen für eine positive Fehlerkultur zu schaffen und diese im Unternehmensleitbild zu verankern. Das Unternehmensleitbild besteht aus Leitsätzen zu grundlegenden Werten, Einstellungen, Zielen und Verhaltensweisen im Unternehmen. Leitsätze, die eine offene Fehlerkultur beschreiben, könnten z. B. lauten: "Fehler werden in unserem Unternehmen grundsätzlich akzeptiert." oder "Fehler werden als Chancen für Veränderungen und Verbesserungen gesehen".
Unternehmen effektiv organisieren
Eine weitere Aufgabe des Top-Managements besteht darin, eine effektive Unternehmensorganisation sicherzustellen. Dies ist eine hinreichende Bedingung für eine offene Fehlerkultur, da Fehler nur dann vermieden oder zumindest minimiert werden, wenn die Mitarbeiter nach klaren und dokumentierten Vorgaben arbeiten können und die Zuständigkeiten klar geregelt sind. Diese Vorgaben betreffen die folgenden organisatorischen Ebenen:
- Aufbauorganisation: Verantwortlichkeiten und Befugnisse sind eindeutig geregelt z. B. in Stellenbeschreibungen und Organigrammen. Die Stellen sind mit angemessen qualifizierten und in ihre Arbeitsaufgaben eingewiesenen Mitarbeitern besetzt.
- Ablauf- oder Prozessorganisation: Die Unternehmensprozesse und deren Schnittstellen und Zusammenwirken sind festgelegt, z. B. in Prozessbeschreibungen und/oder Prozesslandkarten.
- Projektorganisation: Projekte sind in die Unternehmensorganisation eingebunden, ein Prozess zur Planung und Umsetzung von Projekten ist bekannt und die anzuwendenden Projektmanagement-Methoden werden beherrscht.
3.2 Erfolgsfaktor 2: Vorgesetzte als Mentoren und Vorbilder
Mitarbeiter unterstützen
Bei der Förderung einer offenen Fehlerkultur kommt den direkten Vorgesetzten eine besondere Bedeutung zu. Sie agieren in der Rolle von Mentoren und unterstützen ihre Mitarbeiter beim Umgang mit Fehlern. Sie leisten Hilfe zur Selbsthilfe und versetzen ihre Mitarbeiter in die Lage, Fehler zu entdecken und unterstützen die Suche nach wirksamen Korrekturmaßnahmen. Sie kommunizieren aber auch, welche Standards und Regeln die Mitarbeiter einzuhalten haben. Eigenverantwortlich handelnde Mitarbeiter leisten einen wichtigen Beitrag zu einer offenen Fehlerkultur.
Führungskräfte agieren als Vorbilder
In einer offenen Fehlerkultur finden sich die Führungskräfte – auch das Top-Management – jedoch nicht nur in der Rolle von Mentoren wieder. Um glaubwürdig zu sein, agieren sie als Vorbilder und leben die Werte einer offenen Fehlerkultur vor. Dazu gehört vor allem, dass sie eigene Fehler zugeben, dies offen kommunizieren und keine Angst vor einem Autoritätsverlust haben. Das Einstehen für eigene Fehler zeigt, dass die Führungskräfte bereit sind, die Grenzen des eigenen Wissens zu akzeptieren und daraus zu lernen. Auf keinen Fall sollten die Führungskräfte selbst Fehler vertuschen oder überspielen, da dies eine fatale Signalwirkung auf ihre Mitarbeiter hat.
3.3 Erfolgsfaktor 3: Offene Kommunikation von Fehlern
3.3.1 Kritikgespräche mitarbeiterorientiert führen
Wurde ein Fehler entdeckt und vom Mitarbeiter gemeldet oder beobachtet der Vorgesetzte ein Fehlverhalten bei einem Mitarbeiter, sollte er mit diesem ein Kritikgespräch führen, das auch als Fehlerbesprechung oder Korrekturgespräch bezeichnet wird. Das Gespräch sollte sachlich und möglichst unter vier Augen geführt werden, um den Mitarbeiter nicht vor Kollegen bloßzustellen.
Wichtig ist, dass dem Mitarbeiter die Möglichkeit gegeben wird, die Entstehung des Fehlers aus seiner Sicht zu schildern. Danach analysieren der Vorgesetzte und der Mitarbeiter zusammen die Fehlerursachen und erarbeiten Ansätze zur Beseitigung der Fehlerursachen. Auf Schuldzuweisungen, Herabsetzungen und Drohungen sollte der Vorgesetzte in einem Kritikgespräch unbedingt verzichten und stattdessen dem Mitarbeiter seine Hilfe anbieten. Ein Kritikgespräch verläuft in sechs Phasen, die Abbildung 2 gezeigt werden.
Abb. 3: Phasen eines Korrekturgesprächs
3.3.2 Richtig mit Kunden kommunizieren
Besonders ärgerlich ist es, wenn Kunden direkt von Fehlern betroffen sind. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn Produktfehler erst durch Kunden entdeckt werden oder wenn dem Kundenkontaktpersonal im Vertrieb Fehler im Umgang mit Kunden unterlaufen. Dies führt zu erheblicher Kundenunzufriedenheit und ggf. gar zum Verlust von Kunden. Beschweren sich Kunden, ist es Aufgabe des Services, eine kundenorientierte Kommunikation sicherzustellen, um den Kunden zufriedenzustellen. In einem Beschwerdegespräch sollte der Service:
- dem Kunden zugestehen, negative Emotionen zu zeigen,
- die bisherige gute Zusammenarbeit hervorheben,
- mit den richtigen Fragen die Ursachen der Beschwerde ergründen,
- Möglichkeiten zu einer Klärung bzw. Lösung aufzeigen und
- sich für den Fehler oder das Fehlverhalten entschuldigen.
3.3.3 Beschwerdemanagement einführen
Auch bei der Entgeg...