Leitsatz (amtlich)

Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet aus, wenn diese das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Vertragspartners des Verwenders einer nicht einbezogenen oder unwirksamen Klausel verschiebt.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 306, 307 Abs. 1 S. 2, § 310 Abs. 3, § 311 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 14.06.2005; Aktenzeichen 6 O 12/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 14.6.2005 - 6 O 12/05 - wird zurückgewiesen.

I. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt eine höhere Betriebsrente wegen Erwerbsminderung aus einer bei der Beklagten genommenen freiwilligen Versicherung "VBLextra".

Die Klägerin war als Angestellte im öffentlichen Dienst im Zeitraum vom ... 1980 bis ... 2002 bei der beklagten Zusatzversorgungsanstalt pflichtversichert. Sie erhält seit 1.12.2002 vom Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung sowie aus der Pflichtversicherung bei der Beklagten eine Betriebsrente ebenfalls wegen voller Erwerbsminderung.

Am 17.11.2002 hatte die Klägerin ein von der Beklagten übermitteltes Antragsformular auf Abschluss der freiwilligen Versicherung "VBLextra" unter Eintragung der Tarifvariante "C Alters- und Erwerbsminderungsrente" ausgefüllt und unterschrieben. Dem Antrag vorausgegangen war ein mit Schreiben der Beklagten vom 15.11.2002 übermitteltes "Unverbindliches Angebot zur freiwilligen Versicherung VBLextra" nebst einem Prospekt, mit dem die Beklagte die freiwillige Zusatzversicherung bewarb und darüber informierte. Der der Klägerin übersandte Versicherungsschein vom 2.12.2002 weist für die Tarifvariante C den Versicherungsbeginn November 2002 aus und einen monatlichen Beitrag ab 1½002 i.H.v. 200 EUR.

Gemäß Mitteilung vom 15.3.2004 erhält die Klägerin von der Beklagten Leistungen aus der freiwilligen Versicherung ab 1.12.2002 i.H.v. 4,86 EUR brutto.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne wegen der Angaben der Beklagten im Angebotsschreiben vom 15.11.2002 sowie dem beigefügten Prospekt eine wesentlich höhere Rentenleistung aus der freiwilligen Versicherung beanspruchen. Diese stehe ihr als vertraglicher Erfüllungsanspruch, jedenfalls aber unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung zu. Nach dem Angebotsschreiben habe sie berechtigterweise davon ausgehen dürfen, das ihr im Versicherungsfall bei einem Monatsbeitrag von 200 EUR mindestens der doppelte Betrag aus 294,96 EUR zustehe. Dieser Betrag vermindere sich wegen der im Vergleich zur Regelaltersrente vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente. Die Minderung betrage - wie die Klägerin erstmals im zweiten Rechtszug geltend macht - gem. Bl. 2 der Anlage 2 der (ersten) Rentenmitteilung der Beklagten vom 8.10.2003 7,2 %. Jedenfalls seien - wie die Klägerin bereits erstinstanzlich vorgetragen hat - gem. den Angaben auf S. 17 im Prospekt maximal 10,8 %, allerhöchstens gem. dem Berechnungsbeispiel im Schreiben vom 15.11.2002 20 % abzuziehen.

Das LG, auf dessen Urteil wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen verwiesen wird, hat die auf Zahlung von 2 × 294,96 EUR abzgl. 10,8 %, hilfsweise 20 % gerichtete Klage abgewiesen. Die Klägerin stehe keine höhere "Riester-Rente" in Anlehnung an die Tabelle aus dem Schreiben vom 15.11.2002 zu. Das Schreiben sei ausdrücklich unverbindlich. Die Rente richte sich allein nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (AVB). Im Übrigen dränge sich im konkreten Fall für die Klägerin geradezu auf, dass für Gesamtbeitragsleistungen i.H.v. 400 EUR keine monatlichen Rentenzahlungen i.H.v. mehr als 500 EUR erwartet werden könnten: Ausweislich des Rentenbescheides der BfA hätten bereits seit mehr als sechs Monaten vor Beantragung der Zusatzversicherung die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vorgelegen. Der entsprechende Rentenantrag ggü. der BfA sei mehr als vier Monate vor Beantragung der Zusatzversicherung erfolgt. Auch von der Rechtsfolgenseite her entbehre das Verlangen der Klägerin jeglicher Rechtsgrundlage. In der betriebsrentenrechtlichen Literatur und Rechtsprechung sei anerkannt, dass bei Erteilung falscher Auskünfte nur auf das negative Interesse gehaftet werde.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückwirkend ab dem 1.12.2002 eine monatlich fällige angemessene Rente über den Betrag von monatlich 4,44 EUR hinausgehend zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die der Klägerin aus der freiwilligen Zusatzrente VBL extra Nr. FV-0306616260 ab dem 1.12.2002 zustehende monatliche Rente nach folgender Berechnung zu ermitteln:

2 × 294,96 EUR abzgl. 7,2 %,

hilfsweise:

2 × 294,96 EUR abzgl. 10,8 %,

hilfsweise:

2 × 294,96 EUR abzgl. 20 %.

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des landgerichtlichen Urteils, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiter...

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