Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung. bedroht. beeinträchtigt. Behinderung. Bestandteil. drohen. eingeschult. Eingliederungshilfe. Einzelfall. geistige Behinderung. Gemeinschaft. Gesellschaft. Heilmittel. Heilmittelkatalog. Heilmittelrichtlinie. heilpädagogisch. heilpädagogische Leistungen. heilpädagogisches Reiten. Hippotherapie. Jugendhilferecht. Jugendhilfeträger. Jugendlicher. junger Mensch. Kind. Leben. Leistung. Leistungszweck. Maßnahme. medizinische Rehabilitation. nachgehen. pädagogisch. pädagogische Hilfe. Person. Reittherapie. Schwerpunkt. seelisch behindert. seelische Behinderung. seelische Krankheit. seelische Störung. soziale Rehabilitation. Sozialhilfe. Sozialhilfeträger. Rehabilitation. Teilhabe. Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Träger der Sozialhilfe. vorgehen. Vorrang. Ziel. Zielrichtung. Zweck
Leitsatz (amtlich)
Heilpädagogisches Reiten ist bei einem noch nicht eingeschulten seelisch behinderten oder von einer solchen Behinderung bedrohten Kind nicht stets eine Leistung der medizinischen Rehabilitation im Sinne von § 26 Abs. 3 SGB IX, sondern kann nach dem Schwerpunkt der Zielsetzung dieser Maßnahme im Einzelfall auch eine heilpädagogische Leistung im Sinne von § 56 SGB IX sein.
Normenkette
SGB V § 138; SGB VIII §§ 10, 10 Abs. 4, 4 S. 2, § 35a Abs. 1, 3; SGB IX §§ 26, 26 Abs. 1, 1 Nr. 2, Abs. 2, 2 Nr. 2, Abs. 3, §§ 30, 30 Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Nr. 2, S. 2, §§ 55, 55 Abs. 1-2, 2 Nr. 2, §§ 56, 56 Abs. 1, 1 S. 1, Abs. 2; SGB XII §§ 54, 54 Abs. 1, 1 Sätze 1-2
Verfahrensgang
VG Trier (Urteil vom 02.05.2010; Aktenzeichen 2 K 26/10.TR) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 2. Mai 2010 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die am … November 2002 geborene Klägerin begehrt die Bewilligung von Eingliederungshilfe in Form heilpädagogischen Reitens.
Bei ihr besteht ein allgemeiner Entwicklungsrückstand um ein Drittel bis ein Halb ihres Lebensalters mit leichter Intelligenzminderung und mit erheblichen Verhaltensstörungen. Ab Juli 2005 wurde sie ergotherapeutisch behandelt, ab Dezember 2005 besuchte sie einen Förderkindergarten, wo sie auch logopädisch behandelt wurde. Zum Abbau ihrer Ängste und Verhaltensauffälligkeiten sowie zur Steigerung ihrer Persönlichkeit, ihres Selbstvertrauens und ihrer Frustrationstoleranz wurde in einer “Ärztlichen Bescheinigung” des Sozialpädiatrischen Zentrums T… vom 28. August 2007 heilpädagogisches Reiten für nötig befunden. Am 13. September 2007 stellten die Eltern der Klägerin für diese deshalb beim Beklagten durch Ausfüllen eines von jenem zur Verfügung gestellten Formulars einen dahingehenden “Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe nach BSHG bzw. KJHG”. Daraufhin übernahm der Beklagte mit Bescheid vom 1. Oktober 2007 “gemäß SGB XII §§ 53 ff … im Rahmen der Eingliederungshilfe” die Kosten für eine Fördereinheit wöchentlich heilpädagogische Reittherapie in der Praxis von Frau L… im Zeitraum vom 1. Oktober 2007 bis 31. März 2008 und verlängerte mit Bescheid vom 7. April 2008 auf einen entsprechenden Antrag für die Klägerin hin die Bewilligung für den Zeitraum vom 1. April 2008 bis zum 30. September 2008. Auf einen neuerlichen Verlängerungsantrag für die Klägerin hin teilte der Beklagte mit Bescheid vom 3. November 2008 mit, in der Vergangenheit seien die Kosten der Reittherapie zu Unrecht übernommen worden, da diese “nicht Bestandteil des Leistungskataloges der §§ 54 ff SGB XII” sei. Bei Abwägung des durch die bisherige Bewilligung entstandenen Vertrauensschutzes einerseits und der erforderlichen Rückkehr zu einem rechtmäßigen Verwaltungshandeln andererseits würden 20 Einheiten Reittherapie für den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. März 2009 als abschließende Maßnahme bewilligt. Auf einen gleichwohl für die Klägerin gestellten Antrag auf “weitere Genehmigung des heilpädagogischen Reitens” bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 7. Mai 2009 “Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII für die Zeit vom 01. April 2009 bis 30.09.2009 als abschließende Maßnahme. … Die Fortsetzung der Reittherapie” werde “im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII bis zum üblichen Zeitumfang von 2 Jahren … als freiwillige Maßnahme ermöglicht, um einen abschließenden Therapieerfolg sicherzustellen”.
Einen trotzdem für die Klägerin gestellten Antrag auf Weiterbewilligung der Reittherapie lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 22. September 2009 ab und führte zur Begründung aus: Nach § 35a Abs. 3 SGB VIII richte sich die Art der im Rahmen der Eingliederungshilfe zu gewährenden Leistungen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Gemäß § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX umfassten die Leistungen ...