Dr. Madelaine Isabelle Baade
Die Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers sind von dem konkreten Freistellungswunsch des Beschäftigten abhängig, und für vollständige und teilweise Freistellungen unterschiedlich ausgestaltet.
5.1 Vollständige Freistellung von der Arbeit
Auf eine völlige Freistellung besteht bei Arbeitgebern mit in der Regel mehr als 15 Beschäftigten ein Rechtsanspruch. Die "Mitteilung" nach § 3 Abs. 3 PflegeZG ist ein einseitig vom Beschäftigten zu erklärendes Recht. Die Inanspruchnahme der vollständigen Freistellung bedarf nicht der Zustimmung des Arbeitgebers. Ausreichend ist allein der Zugang der Erklärung beim Arbeitgeber. Die Freistellung tritt ohne weiteres Zutun des Arbeitgebers in Kraft. Der Arbeitgeber kann die Totalfreistellung – im Gegensatz zur Teilfreistellung – nicht aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen.
5.2 Teilweise Freistellung von der Arbeit
Der Arbeitnehmer kann auch eine teilweise Freistellung von der Arbeit durch Verringerung der Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Arbeitgeber und Beschäftigte haben über die Verringerung und die Verteilung der Arbeitszeit eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Das Verlangen nach Verringerung der Arbeitszeit kann vom Arbeitgeber nur abgelehnt werden, wenn den konkreten Arbeitszeitwünschen dringende betriebliche Gründe, also Gründe von besonderem Gewicht, entgegenstehen.
Teilzeitanspruch
Es handelt sich um einen gegenüber dem allgemeinen (dauerhaften) Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG privilegierten (befristeten) Teilzeitanspruch, der dem besonderen Teilzeitanspruch im Rahmen der Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nachgebildet ist.
Der Gesetzgeber geht ausweislich der Gesetzesbegründung zum PflegeZG davon aus, dass Beschäftigte und Arbeitgeber regelmäßig eine einvernehmliche Lösung über die Arbeitszeitgestaltung erzielen. Damit werde deutlich, dass einerseits der Arbeitgeber vor Überforderung geschützt wird, andererseits nicht jeder Ablehnungsgrund ausreicht. Es müsse sich um gewichtige Gründe handeln, die Vorrang vor den Interessen an der häuslichen Pflege verdienen. Das Schriftformerfordernis wurde laut Regierungsbegründung im Interesse der Rechtssicherheit und mit Blick auf das Nachweisgesetz vorgesehen. Aus diesem Grund entfaltet auch eine mündliche Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien bindende Wirkung.
Ablehnung nur bei entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründen
Bei dem Kriterium "entgegenstehende dringende betriebliche Gründe" handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe.
Mit dem Begriff "betriebliche Gründe" wird ausgedrückt, dass außerbetriebliche Belange und insbesondere solche Argumente, die nicht auf die betrieblichen Begebenheiten bezogen sind, dem Teilzeitwunsch nicht entgegengehalten werden können.
Betriebliche Gründe können sowohl dem Umfang der Arbeitszeitverringerung entgegenstehen als auch einer vom Beschäftigten konkret angegebenen Verteilung (Lage) der reduzierten Arbeitszeit.
Mit dem Begriff "dringend" wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit notwendig, erforderlich oder auch sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen von erheblichem Gewicht sein. Sie müssen sich gleichsam als zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit darstellen. Die bloße Behauptung, es bestehe keine Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeit, genügt zur schlüssigen Darlegung der Zustimmungsverweigerung nicht. Vielmehr sind die zugrunde liegenden Tatsachen zu bezeichnen. Wie im Kündigungsrecht ist konkret auf die Umstände abzustellen, die dem Bedarf an einer Teilzeitbeschäftigung entgegenstehen. Das betriebliche Organisationskonzept und daraus abgeleitete Arbeitszeitregelungen sind daher dann nicht berücksichtigungsfähig, wenn der Arbeitgeber pauschal geltend macht, dass er keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer habe. Dann ist nämlich nicht die Harmonisierung von Verringerungswunsch und betrieblichen Abläufen unmöglich, sondern die weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers. Gerade vor dem Hintergrund des erklärten Ziels des Gesetzgebers, Beruf und familiäre Pflege miteinander vereinbar zu machen, muss davon ausgegangen werden, dass dem Arbeitgeber auch weitergehende Umorganisationen im Unternehmen zumutbar sind, um eine Teilfreistellung zu ermöglichen.
Verhandlungspflicht
Der Gesetzgeber hat durch die Regelung in § 3 Abs. 4 Satz 2 PflegeZG eine Verhandlungspflicht normiert. Anders als beim allgemeinen Teilzeitanspruch nach dem TzBfG – dort tritt gemäß § 8 Abs. 5 Sätze 2, 3 TzBfG kraft Gesetzes eine Fiktionswirkung ein – hat der Gesetzgeber jedoch im PflegeZG keine Konsequenzen an ein passives Verhalten des Arbeitgebers geknüpft, sodass der Arbeitgeber das Pflegefreistellungsbegehren dem Gesetzeswortlaut nach durch Verweigerung einer Vereinbarung zumindest erheblich verzögern könnte.
Anders als im Bereich der Elternzeit hat der Arbeitgeber bei Ablehnung von Teilzeitarbeit während einer Pflegezeit weder eine Ablehnungsfrist einzuhalten noch sind hierfür Schriftform oder eine Begründungspflicht vorgeschrieben. Eine dem § 15 Abs. 7 Satz 4 BEEG entsprechende Regelung f...