Sinnvolle einzelne Präventionsmaßnahmen im Hinblick auf
- die Arbeitsbedingungen (Verhältnisprävention durch Verhältnisergonomie),
- das Verhalten der Beschäftigten (Verhaltensprävention durch Verhaltensergonomie),
- das organisatorische Zusammenspiel (Systemprävention durch Systemergonomie)
addieren sich, gemeinsam angewandte Maßnahmen multiplizieren sich.
Nachhaltige Erfolge in der betrieblichen Gesundheitsförderung können nur durch eine Verknüpfung von Verhältnis- und Verhaltensprävention erreicht werden. Dazu gehört, die Gesundheitskompetenz der Beschäftigten in allen Handlungsfeldern der Prävention zu stärken. Mit speziellen Programmen können bspw. die Körperwahrnehmung geschult, die Folgen der Bewegungsarmut thematisiert und die Beschäftigten für Ausgleichs- und gymnastische Übungen motiviert werden. Dies erhöht z. B. auch die Bereitschaft, ein Stehpult oder eine Stehhilfe zu nutzen und für mehr Abwechslung zwischen Sitzen, Stehen und Bewegung im Arbeitsalltag zu sorgen.
Prävention hilft dabei, in hohem Umfang Kosten zu sparen. Wirtschaftlich gesehen ist Prävention effizienter als die nachträgliche Korrektur von Mängeln (Rehabilitation).
4.1 Beispiel aus der präventiven Praxis zur Sitz-Steh-Dynamik
Eine Investition in die Sitz-Steh-Dynamik lohnt sich zweifellos, denn: Leistungsverluste bei der Arbeit, aber auch krankheitsbedingte Ausfälle nehmen deutlich ab. Dies belegt auch eine wissenschaftliche Langzeitstudie bei der Drägerwerk AG:
- Im Zeitraum von 5 Jahren reduzierten sich die Arbeitsausfalltage nach Einführung der Sitz-Steh-Dynamik durch integrierte Stehpulte von Jahr zu Jahr. Umgerechnet auf alle, die an der Studie teilnahmen, ging der Arbeitsausfall durch Krankheit jährlich um fast einen halben Tag pro Teilnehmer zurück. Geht man davon aus, dass ein Krankheitstag pro Person und Tag 400 EUR kostet, ergibt sich für ein Unternehmen mit 100 Beschäftigten hochgerechnet eine Kosteneinsparung von 20.000 EUR pro Jahr – allein durch die Vermeidung von Arbeitsausfällen.
- Der betriebswirtschaftliche Nutzen von Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung besteht allerdings nur zu 5 bis 10 % aus der Vermeidung von Arbeitsausfällen, wie Kosten-Nutzen-Analysen für Maßnahmen betrieblicher Gesundheitsförderung aus den USA zeigen. Der viel größere wirtschaftliche Ertrag – nämlich 50 bis 75 % – liegt in der Produktivitätssteigerung, die erreicht werden kann, wenn sich die Beschäftigten wohlfühlen, gesund und motiviert sind.
Ein einfaches Rechenbeispiel macht die Dimension des wirtschaftlichen Potenzials deutlich:
Sitz-Steh-Dynamik lohnt sich
Ergreift ein Unternehmen keine Maßnahmen der Sitz-Steh-Dynamik, "verschenkt" es pro Mitarbeiter jährlich:
- 200 EUR wegen Krankheitsausfall,
- 1.500 EUR wegen Produktivitätseinbußen,
insgesamt also 1.700 EUR. Hat ein Unternehmen z. B. 200 Beschäftigte im Büro, sind das jährlich über 340.000 EUR.
Die nachhaltige Verbesserung der Bewegungsergonomie durch gesundheitsfördernde Sitz-Steh-Dynamik nützt also beiden Seiten:
- den Mitarbeitern: ihr Wohlbefinden und ihre Arbeitszufriedenheit am Arbeitsplatz steigen,
- dem Unternehmen: die Produktivität und die Qualität der Aufgabenerledigung nehmen zu.
Das Kosten-Nutzen-Verhältnis (Benefit-Cost-Ratio) kann dabei laut der Studie bei der Drägerwerk AG 1:12 erreichen. Das bedeutet, dass sich für jeden investierten Euro in Sitz-Steh-Dynamik eine Investitionsrendite (Return-on-Investment) von 12 EUR ergibt.
4.2 Wissenschaftliche Evidenz
Der IGA Report 28 "Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Prävention" stellt Wirksamkeit und Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention sowie Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzes von 2006 bis 2012 dar.
Die gute Nachricht, auch wenn sie nicht gänzlich neu ist (vgl. iga.Reporte 3 und 13): Sowohl für die betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention als auch für den betrieblichen Arbeitsschutz existiert trotz komplexer Wirkungsweisen wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit von bestimmten Maßnahmen. Der Bericht bestätigt positive Effekte auf die Gesundheit von Beschäftigten. Auf der Individualebene bedeutet dies, dass in einem Großteil der Studien eine Verbesserung der körperlichen bzw. psychischen Verfassung erreicht wird und arbeitsorganisatorische und arbeitsplatzbezogene Zielgrößen positiv beeinflusst werden.
Aus Unternehmenssicht wird in der Fachliteratur zumeist von einer Reduktion krankheitsbedingter Fehlzeiten und Gesundheitskosten berichtet.
Mit dem iga.Report 40 (2019) liegt zwischenzeitlich die 4. Aktualisierung des wissenschaftlichen Kenntnisstands zur Wirksamkeit der arbeitsweltbezogenen Gesundheitsförderung und Prävention auf Basis von systematischen Reviews vor. Die IGA konnte ein massiv ansteigendes Studieninteresse feststellen, bemängelt jedoch oft die Studienqualität, die die Ergebnisse schwer vergleichbar macht.
Die wichtigsten Ergebnisse
Die Autoren berichten von einer thematischen Verschiebung der Erhebungen zu Stress und p...