Die korrekte rechtliche Einordnung eines Praktikanten ist von erheblicher Bedeutung, da eine falsche Klassifizierung erhebliche finanzielle und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Wird beispielsweise ein Arbeitnehmer fälschlicherweise als Praktikant behandelt, könnte er später Ansprüche auf die ihm zustehende Vergütung, Urlaub und Entgeltfortzahlung geltend machen. Zusätzlich könnten Nachzahlungen von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen erforderlich werden.
Seit 2015 ist die genaue Einordnung des Praktikantenverhältnisses auch für die Anwendung des Mindestlohngesetzes relevant. Nach § 22 Abs. 1 Sätze 2 und 3 MiLoG haben Praktikanten, die auch von § 26 BBiG erfasst sind, grundsätzlich Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.
Abgrenzung zu anderen Rechtsbeziehungen:
- Von einem Arbeitsverhältnis unterscheidet sich ein Praktikantenverhältnis darin, dass es primär dem Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen dient und nicht als Berufsausbildung angesehen wird.
- Ein Arbeitnehmer hingegen wird primär zur Erbringung einer Arbeitsleistung eingestellt und bringt in der Regel die erforderlichen Kenntnisse bereits mit. In einem Arbeitsverhältnis überwiegt die Pflicht zur Arbeitsleistung nach Weisung des Arbeitgebers.
Ein vergütetes Praktikum allein reicht nicht aus, um von einem Arbeitsverhältnis auszugehen, solange die Ausbildung und nicht die Arbeitsleistung im Vordergrund steht. Auch das Erbringen verwertbarer Arbeitsergebnisse allein deutet nicht zwingend auf ein Arbeitsverhältnis hin. Eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, wie zum Beispiel eine vereinbarte Probezeit, der Umfang der Dienstpflicht und die Höhe der Vergütung kann jedoch auf ein Arbeitsverhältnis hinweisen. In der Praxis wird oft ein Arbeitsverhältnis fälschlicherweise als Praktikum bezeichnet, besonders wenn ein Absolvent nach dem Studium tätig wird.
Art des Praktikums genau prüfen
Angesichts der Tatsache, dass die rechtliche Einordnung eines Praktikanten oftmals von der allgemeinen Anschauung abweicht, ist es entscheidend, genau zu hinterfragen, ob die betreffende Tätigkeit gemäß den gesetzlichen Bestimmungen als Praktikum oder tatsächlich als Arbeitsverhältnis zu klassifizieren ist. Diese Überprüfung ist notwendig, um mögliche sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Eine Fehleinschätzung kann zu erheblichen Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern führen und sowohl für den Praktikanten als auch für den Arbeitgeber rechtliche und finanzielle Risiken bergen.