Sachverhalt

Ein Arbeitgeber erhält im Juli 2024 einen gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über 1.000 EUR für den Mitarbeiter A. Dieser verdient netto 3.100 EUR monatlich. Er ist ledig und hat 2 minderjährige Kinder. Im Juli 2024 bekommt er zusätzlich:

  • Tarifliches zusätzliches Urlaubsgeld: 2.000 EUR brutto,
  • Jubiläumszuwendung für seine 20-jährige Betriebszugehörigkeit: 1.500 EUR brutto sowie
  • freiwilliges Weihnachtsgeld mit ausdrücklichem Freiwilligkeitsvorbehalt: 300 EUR brutto.

Welcher Verdienst ist der Pfändung zugrunde zu legen und wie hoch ist der an den Gläubiger abzuführende Betrag?

Ergebnis

  • Das tarifliche zusätzliche Urlaubsgeld ist unpfändbar, "soweit" es den Rahmen des "Üblichen" nicht übersteigt.[1]

    "Üblich" ist, was "branchenüblich" geleistet wird. Hierzu kann u. a. auf für die entsprechende Branche vereinbarte Tarifverträge zurückgegriffen werden, ohne dass es auf eine Tarifbindung des Arbeitgebers ankommt. Entsteht Streit über die Branchenüblichkeit, kann ein klarstellender Beschluss des Vollstreckungsgerichts eingeholt werden.

    "Soweit" bedeutet, dass lediglich ein Betrag zu berücksichtigen ist, der die Branchenüblichkeit übersteigt, was hier nicht der Fall ist.

  • Die Jubiläumszuwendung (Treuegeld) ist ebenfalls unpfändbar. Die obigen Ausführungen zum zusätzlichen Urlaubsgeld sind diesbezüglich entsprechend anwendbar.[2]
  • Das Weihnachtsgeld übersteigt nicht die Betragsgrenze des § 850a Nr. 4 ZPO und ist somit unpfändbar.

    Es bleibt damit bei der Nettovergütung von 3.100 EUR.

 
Nettolohn 3.100,00 EUR
Der Pfändung zugrunde zu legender Nettoverdienst 3.100,00 EUR
Entspricht nach der Pfändungstabelle bei einer Unterhaltspflicht für 2 Personen einem pfändbaren Betrag von 293,62 EUR

An den Gläubiger sind damit für den Juli 2024 und die Folgemonate jeweils 293,62 EUR abzuführen.

 
Hinweis

Ein Gläubiger kann Lohn- und Gehaltsansprüche des Schuldners nach § 832 ZPO pfänden. Dessen Arbeitgeber muss, wenn ihm eine solche Pfändungsverfügung (= Pfändungs- und Überweisungsbeschluss) zugestellt wird, allerdings den besonderen Pfändungsschutz für Arbeitsentgelt i. S. d. §§ 850 ff. ZPO beachten. Damit steht das Arbeitseinkommen dem Gläubiger nur begrenzt zur Verfügung. Dabei handelt es sich um ein differenziertes, abgestuftes System.

Seit dem 1.7.2024 gelten neue Höchstbeträge[3]: der unpfändbare Grundbetrag beträgt 1.499,99 EUR monatlich. Soweit gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen vorliegen, erhöht sich dieser Betrag monatlich in Abhängigkeit von der Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen. Die genauen Beträge sind aus der Pfändungstabelle zu ermitteln.

Nach § 850c Abs. 4 ZPO ändern sich die Pfändungsfreigrenzen jährlich, jeweils zum 1.7. Die nächste Anpassung findet damit zum 1.7.2025 statt.

Manche Einkommensteile sind

  • der Pfändung völlig entzogen[4] oder
  • nur bedingt pfändbar.[5]

Zudem wird die Pfändbarkeit des verbleibenden Einkommens begrenzt.[6] In bestimmten Fällen wird nur Pfändungsschutz auf Antrag gewährt.[7] Der Schuldner kann auf den Pfändungsschutz weder generell noch im Einzelfall verzichten.

 
Hinweis

Pfändbar ist auch ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Lohnsteuererstattung. Ein solcher entsteht jedoch erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der zugrunde liegende Arbeitslohn zugeflossen ist. Folglich kann die Pfändung erst mit Ablauf dieses Kalenderjahres erfolgen.

[3] Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2024 v. 10.5.2024, BGBl 2024 I Nr. 160, in Fassung der Berichtigung v. 23.5.2024, BGBl 2024 I Nr. 165a.

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