Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Seit einigen Jahrzehnten beobachten alle Krankenkassen einen starken Anstieg der Fehlzeiten bei ihren Versicherten aufgrund von psychischen Störungen. Inzwischen gehört diese Diagnosegruppe zu den zweithäufigsten Ursachen für Arbeitsunfähigkeiten nach den Muskel-Skelett-Erkrankungen. Auch die Rentenversicherungsträger berichten über ähnliche Entwicklungen bei den Ursachen für frühzeitige Berentungen.
Ganz offensichtlich sind also immer mehr Menschen von psychischen Störungen derart betroffen, dass sie arbeits- oder sogar erwerbsunfähig werden. Es steckt viel menschliches Leid hinter diesem Phänomen der steigenden Fehlzeiten. Daneben leiden immer mehr Unternehmen unter den krankheitsbedingten Ausfällen ihrer Beschäftigten, insbesondere wenn die anwesende Belegschaft das Arbeitsvolumen übernehmen muss.
Die Vermutung ist naheliegend, dass diese Veränderungen im Krankheitsspektrum etwas mit den veränderten Arbeitsbedingungen zu tun haben, die von immer mehr Erwerbstätigen als belastend und stressauslösend empfunden werden. Daher hat auch der Gesetzgeber inzwischen reagiert und es zur Aufgabe der Arbeitgeber gemacht, mögliche psychische Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz aufzuspüren und möglichst zu verringern. Dies ist letztendlich auch im Eigeninteresse der Unternehmen, denn auch sie haben ein Interesse an gesunden und leistungsfähigen Belegschaften.
Während die physischen Belastungen der Arbeit an den meisten Arbeitsplätzen abnehmen, nehmen die psychischen Belastungsfaktoren zu. Gerade in Deutschland ist der Arbeitsschutz gut aufgestellt, was die körperlichen Gefahren bei der Arbeit angeht. Beim Thema der psychischen Belastung allerdings gibt es noch einiges zu tun. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz muss sich verstärkt auch um die psychische Gesundheit von Belegschaften kümmern. Hier stehen Politik und Unternehmen jedoch noch am Anfang eines Entwicklungsprozesses. Obwohl das Arbeitsschutzgesetz explizit auch die Beurteilung und Verringerung der psychischen Belastung am Arbeitsplatz fordert, wird dies noch längst nicht von allen Unternehmen ausreichend umgesetzt.
In den Betrieben ist oft unklar:
- Was sind eigentlich psychische Belastungen?
- Welches sind die Ursachen für psychische Belastungen?
- Wie kann man die konkreten Ursachen im eigenen Unternehmen herausfinden? Was müssen Firmen tun, um den gesetzlichen Vorgaben zu genügen?
- Welche Maßnahmen sind geeignet, die psychischen Belastungsfaktoren im Unternehmen zu verringern?
Bevor sich Firmen also daranmachen, sich mit den Belastungsfaktoren im eigenen Hause auseinanderzusetzen, ist es sinnvoll, sich das notwendige Hintergrundwissen anzueignen.