Dr. Rüdiger Gläbe, Jens Harmeier
Eine Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen nach ISO 9001:2015 erfreut sich heute großer Beliebtheit. So sind gemäß ISO Survey inzwischen weltweit fast 880.000 Organisationen nach dieser Norm zertifiziert, davon in Deutschland allein knapp 50.000. Dabei handelt es sich nicht nur um große Konzerne, sondern auch um eine Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen und anderen Organisationen aus den verschiedensten Branchen, z. B. der Industrie, dem Gesundheitswesen, dem Handel und dem Dienstleistungs- und Weiterbildungssektor.
5.1 Gründe für die Zertifizierung
Die Gründe dafür, weshalb sich Organisationen für eine Zertifizierung ihres Qualitätsmanagementsystems nach ISO 9001:2015 entscheiden, sind vielfältig. So wird in einigen Branchen eine Zertifizierung zwingend vorausgesetzt, um überhaupt als Auftragnehmer in den Markt eintreten zu können. Dies gilt beispielsweise im Automobilsektor und bei öffentlichen Ausschreibungen. Darüber hinaus spielen folgende Gründe eine Rolle für die Entscheidung:
- Verbesserung der Effektivität und Effizienz des Qualitätsmanagementsystems,
- Vermeidung von Kundenaudits bzw. Reduzierung des Aufwands dafür,
- Erhöhung der Marktchancen,
- Verbesserung der Prozessleistung,
- Einsatz und Offenlegung des Zertifikats als Marketinginstrument
- Stärkung der Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Organisation.
5.2 Zertifizierungsverfahren
Hat sich die Leitung der Organisation für die Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystems entschieden, so geht es jetzt erneut darum, die Belegschaft zu informieren. Auch hier eignet sich eine "Kick-off-Veranstaltung", z. B. in Form einer Betriebsversammlung.
5.2.1 Vorbereitung auf das Zertifizierungsverfahren
Nach dem Startschuss durch die Geschäftsleitung beginnen die Vorbereitungen auf das Zertifizierungsverfahren. Dazu gehören zunächst die Durchführung eines internen Systemaudits und einer anschließenden Managementbewertung. Das interne Systemaudit wird in der Regel durch einen entsprechend geschulten Mitarbeiter durchgeführt. Diese Aufgabe kann jedoch auch ein externer Berater übernehmen. Ferner ist sicherzustellen, dass die Mitarbeiter die für sie relevanten qualitätsbezogenen Dokumente kennen und anwenden können.
5.2.2 Auswahl einer geeigneten Zertifizierungsgesellschaft
In einem nächsten Schritt geht es für die Organisation darum, eine geeignete Zertifizierungsgesellschaft auszuwählen, die bei der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) in Berlin akkreditiert sein sollte. Nach einer ersten Kontaktaufnahme im Rahmen einer Anfrage bieten Zertifizierungsgesellschaften Interessenten in der Regel zunächst ein kostenfreies Informationsgespräch an, in dem grundsätzliche inhaltliche und organisatorische Fragen zum Zertifizierungsverfahren geklärt werden können. Danach erfolgt die Angebotserstellung.
Sofern in der Organisation eine große Unsicherheit darüber herrscht, ob die Qualitätsanforderungen der ISO 9001:2015 erfüllt werden, empfiehlt sich ein Voraudit durch die Zertifizierungsgesellschaft. Dieses Audit kann als "Generalprobe" für das nachfolgende Zertifizierungsaudit gesehen werden. Die Durchführung eines Voraudits obliegt in der Regel dem Auditor bzw. Auditteam, welcher bzw. welches auch für das anschließende Zertifizierungsaudit beauftragt wird. Dies hat den Vorteil, dass die Organisation und der Auditor bzw. das Auditteam sich bereits kennenlernen. Ein weiterer Vorteil eines Voraudits liegt darin, dass hier noch nicht in das Zertifizierungsverfahren eingestiegen wird. Dies bedeutet für den Kunden, dass er mit der Zertifizierungsgesellschaft den Inhalt des Voraudits frei vereinbaren kann und sich die Kosten begrenzen lassen. So belaufen sich die Kosten für ein halbtägiges Voraudit auf etwa 750,00 Euro.
5.2.3 Zertifizierungsaudit – Stufe 1 (Dokumentenprüfung)
Das Erst-Zertifizierungsaudit besteht aus zwei Stufen: In einem Audit Stufe 1 wird zunächst, die Durchführbarkeit des anschließenden Audits Stufe 2 festgestellt. Dazu erfolgt eine Prüfung der Dokumentation des Qualitätsmanagementsystems durch den von der Zertifizierungsgesellschaft beauftragten Auditor bzw. durch ein Auditorenteam. Das Audit Stufe 1 findet in der Regel vor Ort, also am Standort der Organisation statt. Werden in der Dokumentation des Qualitätsmanagementsystems gravierende Mängel (Hauptabweichungen) festgestellt, sind diese von der Organisation zunächst zu beseitigen, bevor das Audit Stufe 2 durchgeführt werden darf. Das Ergebnis des Audits Stufe 1 wird vom Auditor dokumentiert, z. B. in einem Auditbericht.
5.2.4 Zertifizierungsaudit – Stufe 2
In dem anschließenden Audit Stufe 2, welches zumindest teilweise vor Ort durchzuführen ist, überprüft der Auditor bzw. das Auditteam mithilfe von Stichproben, ob die im Qualitätsmanagementsystem dokumentierten Prozesse und Verfahren auch tatsächlich entsprechend der Vorgaben umgesetzt bzw. durchgeführt werden. Verlief das Zertifizierungsaudit erfolgreich, wird dies von der Zertifizierungsgesellschaf...