Für Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr gelten geringere Schutzpflichten: Gemäß § 5 Abs. 2 ArbStättV hat der Arbeitgeber hier Schutzmaßnahmen nach Abs. 1 nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung es zulassen. Insbesondere sind in diesem Bereich landesgesetzliche Regelungen, die sog. Landesnichtraucherschutzgesetze, zu beachten. Diese Gesetze betreffen neben den Einrichtungen der Länder und Kommunen (Schulen, Krankenhäuser, Kindergärten) insbesondere Gaststätten. Die Landesnichtraucherschutzgesetze regeln grundsätzlich Rauchverbote sowie unterschiedlich ausgestaltete Ausnahmen. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30.7.2008[1] wurde allerdings für die Länder Baden-Württemberg und Berlin entschieden, dass das generelle Rauchverbot in kleinen Kneipen und Diskotheken aufzuheben ist: Das Rauchverbot ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zwar verfassungswidrig, jedoch nicht nichtig.

In beiden Ländern sind aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts Änderungen der Nichtraucherschutzgesetze in Kraft getreten. Danach können sich jetzt sog. Einraum-Lokale mit weniger als 75 qm Gastfläche als Raucherlokal deklarieren. Voraussetzung ist, dass diese Lokale von außen sichtbar eine Kennzeichnung als Raucherlokal enthalten, der Zutritt nur für Personen über 18 Jahren zulässig ist und nur kalte Speisen einfacher Art angeboten werden.

In der betrieblichen Praxis stellt sich die Frage, inwieweit die in den Landesgesetzen geregelten Verbote auch für Betriebskantinen gelten. Soweit die Landesgesetze bezüglich des Gaststättenbegriffs auf das (Bundes-)Gaststättengesetz (GastG) verweisen, sind nach § 25 GastG "Kantinen für Betriebsangehörige" vom Anwendungsbereich des GastG ausgenommen, mit der Folge, dass das gesetzliche Rauchverbot hier nicht gilt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kantine durch den Inhaber des Betriebs in Eigenregie oder durch einen Pächter betrieben wird. Wird die Betriebskantine jedoch nicht nur von Betriebsangehörigen, sondern auch von Besuchern genutzt, ist zu differenzieren:

Handelt es sich um nicht betriebsangehörige Personen, die in den arbeitstechnischen Ablauf des Betriebs eingebunden sind, sind weder das GastG noch das Rauchverbot anwendbar. Zu diesem Personenkreis zählen u. a. Monteure während der Montage, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer während der Beratung und Abschlussprüfung, Teilnehmer von Dienstbesprechungen und Tagungen.

Ist die Kantine der Öffentlichkeit zugänglich, d. h. Kunden, Lieferanten, Teilnehmer an Betriebsbesichtigungen, aber auch Gästen ohne jeglichen Bezug zum Betrieb, kommt es nach derzeitiger Einschätzung darauf an, ob die auch sonst im Gewerberecht übliche Toleranzgrenze von 10 % überschritten wird. Bei Überschreiten dieser Grenze sind sowohl das GastG als auch die landesrechtlichen Vorschriften zum Nichtraucherschutz wieder anwendbar.

Nach § 1 des Bundesnichtraucherschutzgesetzes (BNichtrSchG), das für private Arbeitgeber nicht gilt, besteht in Bundesbehörden, Verkehrsmitteln des öffentlichen Personenverkehrs wie Busse, Bahnen und Taxen sowie auf Personenbahnhöfen ein grundsätzliches Rauchverbot. Zu den betroffenen öffentlichen Einrichtungen der Bundesverwaltung gehören Behörden, Dienststellen, Gerichte und sonstige öffentliche Einrichtungen des Bundes sowie bundesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen. Auch Bundestag, Bundesrat, Bundespräsidialamt und Bundesverfassungsgericht sind erfasst. Nur sofern ausreichende Räumlichkeiten vorhanden sind, kann in den genannten Einrichtungen in gesonderten Räumen das Rauchen gestattet werden.

Für die Privatwirtschaft gilt dagegen die weniger strikte Arbeitsstättenverordnung. Nach § 5 Abs. 1 ArbStättV ist der Arbeitgeber verpflichtet, zum Schutz der nichtrauchenden Beschäftigten am Arbeitsplatz die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Welche Maßnahmen im Einzelfall erforderlich sind, ist in der Verordnung nicht ausgeführt. Arbeitgeber und Betriebsrat haben daher in dieser mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit einen Gestaltungsspielraum. § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbStättV bringt zum Ausdruck, dass insbesondere ein allgemeines Rauchverbot für den gesamten Betrieb oder ein auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot eine geeignete Maßnahme im Sinne der Verordnung ist. Die Verpflichtung zum Erlass eines allgemeinen Rauchverbots besteht jedoch nur "soweit erforderlich". Es wird daher in der Diskussion bleiben, inwieweit der Arbeitgeber auch den Interessen der rauchenden Mitarbeiter Rechnung zu tragen hat und bei betrieblichen Rauchverboten Rauchgelegenheiten stellen muss. Infrage kommen etwa Raucherräume, Raucherecken oder insbesondere im Produktionsbereich belüftete Raucherkabinen sowie zugängliche bzw. wettergeschützte Rauchgelegenheiten im Freien. Ein absolutes Rauchverbot, das ausnahmslos für das gesamte Betriebsgelände, d. h. auch im Freien, gelten soll, dürfte nach wie vor unverhältnismäßig und daher unzulässig sein. Bei der Z...

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