2.1 Umgang mit sensiblen Daten
Für die Eignungsdiagnostik benötigen Unternehmen umfangreiche Daten der Bewerber und sie fügen im Prozess weitere Daten aus der Beobachtung und der Bewertung hinzu. Diese persönlichen Daten zählen zu den besonders geschützten Daten von Bewerbern. Größtmögliche Sorgfalt im Umgang muss darum selbstverständlich sein.
Das Prinzip der Datensparsamkeit im eignungsdiagnostischen Prozess verlangt, dass Informationen von den Bewerbern nicht "auf Vorrat" gesammelt werden. Wenn es im Prozess Entscheidungspunkte gibt und Bewerber aus dem Prozess ausscheiden, sollten von diesen keine Informationen gespeichert sein, die erst später im Verfahren benötigt würden. Im Rahmen der Eignungsdiagnostik wird geplant, welche Erkenntnisse an welcher Stelle im Prozess in eine Entscheidungsfindung einfließen soll.
Auch der Zugriff auf die Informationen muss angemessen organisiert werden. Es können nicht alle am Bewerbungsprozess beteiligten Personen pauschal mit allen Informationen zur Bewerbung versorgt werden. Auch hier ist zu entscheiden, welche Erkenntnisse und Informationen an welcher Stelle des Prozesses für welche Beobachter notwendig sind.
Diese Überlegungen sind nicht nur aus Gründen des Datenschutzes relevant, sie betreffen auch die Zuverlässigkeit der Eignungsdiagnostik insgesamt: Die beteiligten Beobachter, Interviewer und Rollenspieler in einem Verfahren sollen für alle Bewerber mit den gleichen Informationen ausgestattet werden. Sonst verzerrt ein Missverhältnis der bekannten Informationen die Beobachtung.
Die Sorgfalt im Umgang mit Daten zeigt sich auch in der Struktur der Datenhaltung. Kann das Recruiting-Team wirklich sicherstellen, dass keine Daten von Bewerbern unzulässig weitergeleitet werden? Sobald Beteiligten im Verfahren Kopien von Daten zur Verfügung gestellt werden, ist die Integrität dieser Daten nicht mehr gesichert. Es ist also eine Datenhaltung erforderlich, bei der den Beteiligten Einblick gewährt wird, aber keine Kopien aus der Hand gegeben werden. Wenn die Verfahrensbeteiligten für das Interview ausgedruckte Unterlagen erhalten sollen, dann muss das Recruiting dafür Sorge tragen, dass die Ausdrucke nach dem Verfahren wieder vernichtet (oder archiviert) werden.
Bewerber müssen zu jedem Zeitpunkt einsehen können, welche Daten über sie gespeichert werden. Auf Verlangen des Bewerbers müssen Daten gelöscht werden. Dabei gilt zusätzlich eine Besonderheit für Berufsträger mit Schweigepflicht: Psychologen dürfen (und müssen) Daten, auf denen ihre psychologischen Gutachten fußen, länger aufbewahren als andere Personen. Die Rechte und Pflichten zur Datenaufbewahrung und -löschung sollte in der Planung eines eignungsdiagnostischen Verfahrens rechtlich geprüft und beachtet werden.
2.2 Diskriminierungsfreie Verfahren
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) legt fest, dass keine Person aufgrund bestimmter Merkmale wie Geschlecht, Religion oder sexuelle Orientierung benachteiligt werden darf. Im Rahmen der Eignungsdiagnostik muss hier ein besonderes Augenmerk liegen, da Entscheidungen, die gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, angefochten werden können. Die Befürchtung, hier Fehler zu machen, führt häufig zu einem überformalisierten Auswahlverfahren mit ziemlich sparsamer Kommunikation. So wird häufig empfohlen, bei Absagen an Bewerber kein inhaltliches Feedback an die Bewerber zu geben, weil man nie weiß, ob einem daraus ein Strick gedreht werden kann.
Formalismus und Schmallippigkeit zahlen jedoch nicht positiv auf die Arbeitgebermarke im Bewerbermarkt ein. Recruiter stehen also in einem Dilemma: Wollen sie Bewerbern ein wertschätzendes Verfahren und eine zugewandte Kommunikation bieten oder wollen sie auf eine rechtlich saubere Weste achten? Es bleibt eine Gratwanderung, bei der jedes Unternehmen den eigenen Pfad finden muss.
Einige Wegmarken können die Orientierung dabei aber erleichtern: Richtet man sein Auswahlverfahren wie oben beschrieben an der DIN 33430 aus, kann das Risiko, gegen das AGG zu verstoßen, eingegrenzt werden. Ein Verfahren entsprechend dieser Vorgabe ist, soweit möglich, frei von Verzerrungen durch sachfremde Vorurteile. Es ist transparent und bezieht sich ausschließlich auf Kriterien, die für die Frage der Eignung relevant sind.
Eine individuelle Eignungsbeurteilung, die sich auf konkret formulierte Anforderungen bezieht, kann man auch in einem Feedbackgespräch kommunizieren, ohne sich auf rechtliches Glatteis zu begeben.
Der Schlüssel zu einem fairen Auswahlverfahren ist also immer eine gute Beschreibung der Anforderungen.