1 Arbeitsrechtlicher Begriff der Reisekosten

Reisekosten sind arbeitsrechtlich sämtliche Aufwendungen des Arbeitnehmers anlässlich einer im Interesse des Arbeitgebers erbrachten und vom Arbeitnehmer geschuldeten Reisetätigkeit wie z. B. Fahrt-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten. Der Begriff der Reisekosten ist arbeitsrechtlich nicht definiert, seine Verwendung in Individualarbeitsverträgen oder Kollektivvereinbarungen daher auslegungsbedürftig.[1] Nicht zu den Reisekosten gehört die Anfahrt des Arbeitnehmers zu seinem regelmäßigen (ersten) Arbeitsplatz; es handelt sich vielmehr um Kosten der persönlichen Lebensführung.[2] Der Begriff und die Bedeutung der Reisekosten im Arbeitsrecht sind von der steuerrechtlichen Behandlung zu unterscheiden. Arbeitsrechtlich ist weiterhin zwischen der Erstattung von Reisekosten und der Pflicht zur Vergütung von Reisezeiten zu unterscheiden.[3] Reisekosten gehören zu den in analoger Anwendung der §§ 670, 675 BGB vom Arbeitgeber als "Auftraggeber" zu erstattenden freiwilligen Vermögensopfern des Arbeitnehmers. Sie gehören somit nicht zum Entgelt und sind daher auch nicht von Lohnersatzansprüchen, z. B. nach dem EFZG, umfasst.

Nicht zu den Reisekosten gehört der sog. "Eigenschaden" des Arbeitnehmers, d. h. Einbußen an seinen Vermögenswerten, die er im Interesse des Arbeitgebers eingesetzt hat (z. B. bei einem Unfall mit dem eigenen Fahrzeug während einer Dienstreise).

[1] Vgl. BAG, Urteil v. 22.12.2009, 3 AZR 936/07, zur Reisekostenerstattung gem. § 10 TVAöD-BT, BBiG bei Anfahrt zu einer auswärtigen Berufsschule.
[2] Vgl. zur Abgrenzung BAG, Urteil v. 25.4.2018, 5 AZR 424/17; BAG, Urteil v. 12.4.2011, 9 AZR 14/10, zur Kostenerstattung für die Aufwendungen eines häuslichen Arbeitszimmers.
[3] S. Abschn. 4.

2 Aufwendungsersatzanspruch des Arbeitnehmers

2.1 Aufwendungsersatzanspruch aus arbeitsrechtlichen Vereinbarungen

Ob und in welchem Umfang Reisekosten zu erstatten sind, beurteilt sich nach der Auslegung der jeweiligen Anspruchsgrundlage.[1] In Betracht dafür kommen vorrangig der Arbeitsvertrag sowie Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge. Formularmäßig verwendete Reisekostenerstattungsklauseln in Arbeitsverträgen unterliegen dabei der Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB. Ein vollkommener Ausschluss des Erstattungsanspruchs ist im durchschnittlichen Arbeitsverhältnis (ohne überdurchschnittliche Vergütung) unangemessen, eine Pauschalabgeltung (oft als sog. "Auslösung" bezeichnet) dagegen nicht von vornherein.[2] Eine Verweisung in einer Tarifnorm auf die beamtenrechtlichen Vorschriften, die das Gebot sparsamer Verwendung öffentlicher Gelder berücksichtigen, ist zulässig[3]; im öffentlichen Dienst gilt zusätzlich das Bundesreisekostengesetz (BRKG). Die Klauseln verweisen oft auf die entsprechenden einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen, um hier einen Gleichlauf mit den steuerrechtlichen Vorgaben sicherzustellen – dies ist grundsätzlich zulässig und sinnvoll, aber arbeitsrechtlich nicht zwingend geboten. Soweit bei der arbeitsrechtlichen Beurteilung auf den steuerrechtlichen Begriff der Dienstreise zurückgegriffen werden soll[4], ist zu beachten, dass es seit 1.1.2014 steuerrechtlich den bisherigen Begriff der "regelmäßigen Arbeitsstätte" nicht mehr gibt. Der Begriff wurde abgelöst durch die "erste Tätigkeitsstätte".[5] Dies kann auch die Auslegung entsprechender Vertragsklauseln beeinflussen. Der Anspruch auf Reisekostenerstattung kann nicht auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nach § 1 MiLoG angerechnet werden.[6] Dies gilt auch bei einer Abgeltung aufgrund einer vertraglichen Kostenpauschale. Dagegen ist eine als "Wegegeld" o. Ä. gezahlte Zulage auf den Mindestlohn anrechenbar.

2.2 Aufwendungsersatzanspruch aus dem Gesetz

Fehlt eine solche Regelung, ist auf die gesetzliche Regelung der §§ 670, 675 BGB zurückzugreifen.[1] Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer analog §§ 670, 675 BGB diejenigen Reisekosten als Auslagenersatz zu ersetzen, die der Arbeitnehmer bei Ausführung der ihm übertragenen Arbeit gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte.[2] Im öffentlichen Dienst gelten zudem Reisekostengesetze als Spezialregelungen.[3]

Ausgeschlossen ist der Anspruch, wenn vom Arbeitgeber keine besondere Abgeltung für die Reisekosten gezahlt wird. In Betracht kommt z. B. eine pauschale individual- oder kollektivvertragliche Abgeltung der Reisekosten oder ähnlicher Aufwendungen durch ein entsprechendes Entgelt. Erstattungsfähig sind dann nur die Reisekosten, die Folge der Arbeitgeberanweisung sind und nicht nur gelegentlich bei der Reisetätigkeit anfallen (Zigarettenkauf während eines reisebedingten Tankstellenaufenthalts). Die Dienstreise soll dem Dienstreisenden keine wirtschaftl...

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