3.1 Arbeitnehmer mit mehreren Tätigkeitsstätten

Bislang konnten Arbeitnehmer pro Dienstverhältnis max. eine regelmäßige Arbeitsstätte haben.[1] An dieser Regelung wird auch in Bezug auf die erste Tätigkeitsstätte festgehalten. Nur, wenn der Arbeitnehmer mehrere Beschäftigungen ausübt, sind mehrere erste Tätigkeitsstätten möglich, aber auch in diesem Fall, kann diese Voraussetzung je Dienstverhältnis bei nur einer betrieblichen Einrichtung erfüllt sein. Befinden sich auf einem Betriebsgelände mehrere ortsfeste betriebliche Einrichtungen, handelt es sich nur um eine Tätigkeitsstätte.

Qualitativer Schwerpunkt ohne Bedeutung

Erfüllen aufgrund der zeitlichen Zuordnungsregel mehrere Tätigkeitsstätten in einem Dienstverhältnis die Voraussetzungen für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte, weist der Gesetzgeber dem Arbeitgeber das Recht zu, die erste Tätigkeitsstätte zu bestimmen.[2] Dabei muss es sich nicht um die Tätigkeitsstätte handeln, an welcher der Arbeitnehmer den zeitlich überwiegenden oder qualitativ bedeutsameren Teil seiner beruflichen Tätigkeit ausübt. Fehlt es an dieser Bestimmung oder ist sie nicht eindeutig, legt das Gesetz diejenige Tätigkeitsstätte als erste Tätigkeitsstätte fest, die der Wohnung des Arbeitnehmers örtlich am nächsten liegt.[3] Wird der Arbeitnehmer an einer der anderen betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers tätig, liegt eine berufliche Auswärtstätigkeit vor, die unter die Reisekosten fällt.

 
Praxis-Beispiel

Erste Tätigkeitsstätte bei mehreren betrieblichen Einrichtungen

Ein leitender Angestellter ist jeweils von Montag bis Mittwoch am Firmensitz in Frankfurt tätig. Jeweils donnerstags und freitags arbeitet er ganztägig an der Filiale in Darmstadt, wo er auch wohnt. Nach dem Anstellungsvertrag ist der Arbeitnehmer dem Hauptsitz in Frankfurt zugeordnet, wo er die Hauptleistung seiner Arbeit zu erbringen hat.

Ergebnis: Nach der zeitlichen Abgrenzung erfüllen 2 betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers die Voraussetzungen für eine erste Tätigkeitsstätte.

Durch die eindeutige Bestimmung des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte in Frankfurt.

Die Fahrten am Donnerstag und am Freitag zur Filiale in Darmstadt sind eine berufliche Auswärtstätigkeit, für die der leitende Angestellte Reisekosten in Anspruch nehmen kann.

Denkbar wäre im vorigen Beispiel auch die arbeitgeberseitige Festlegung der Filiale Darmstadt als erste Tätigkeitsstätte. Unerheblich ist, dass der leitende Angestellte dort lediglich 2 Tage und damit nicht zeitlich überwiegend beruflich tätig ist. Dieselbe Lösung ergibt sich, wenn der Arbeitgeber von seinem Bestimmungsrecht keinen Gebrauch macht. Die Filiale Darmstadt ist die betriebliche Einrichtung, die der Wohnung des Arbeitnehmers örtlich am nächsten liegt.

3.2 Weiträumiges Tätigkeitsgebiet

3.2.1 Abgrenzungskriterien

Bei dem bis 2013 geltenden Recht konnte nicht nur ein fester Ort, sondern auch ein weiträumiges Arbeitsgebiet als regelmäßige Arbeitsstätte in Betracht kommen, z. B.

  • ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers, z. B. ein größeres Werksgelände,
  • ein Flughafenareal[1],
  • ein Hafengebiet,
  • ein Zustellbezirk eines Zeitungsausträgers[2]
  • das Waldrevier bei Forstarbeitern[3]
  • der Kehrbezirk eines Schornsteinfegers, sofern er sich nicht über mehrere Gemeinden verteilt[4]
  • ein Universitätscampus sowie
  • der Bereich eines Klinikums oder
  • Einsatzstellen, die aneinandergrenzen und in unmittelbarer Nähe zueinander liegen, falls das Gelände nicht dem Arbeitgeber zugerechnet werden kann.

Der Begriff des weiträumigen Tätigkeitsgebiets ist auch im Reisekostenrecht 2014 von Bedeutung, allerdings mit anderen inhaltlichen Rechtswirkungen. Leider hat es der Gesetzgeber versäumt, eine gesetzliche Definition für diesen von der Rechtsprechung geprägten Arbeitsstättenbegriff einzuführen. Aus diesem Grund ist an den bisherigen Abgrenzungskriterien festzuhalten.

Weiträumiges Tätigkeitsgebiet = festgelegte Fläche

Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet liegt vor, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche ausgeübt werden soll, in Abgrenzung zur Tätigkeit in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung. Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet setzt demzufolge keine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers voraus.

Das FG Hamburg hat dies für den Hamburger Hafen bejaht.[5] Im anschließenden Revisionsverfahren hat der BFH die Frage, ob der Hamburger Hafen ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet i. S. d. § 9 Abs. 4a Satz 3 EStG darstellt, nicht entschieden, da sie aufgrund des abweichend von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts nicht rechtserheblich war. Der Einsatz der Hafenarbeiter erfolge im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung in verschiedenen Hafeneinzelbetrieben des Hamburger Hafens und damit nicht e...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge