Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
1.1 Herkunft und Definition des Begriffs
Der Begriff Resilienz leitet sich vom lateinischen Verb resilire ab, das so viel wie zurückspringen oder abprallen bedeutet.
Ursprünglich wurde der Begriff Resilienz in der Physik, insbesondere in der Werkstoffkunde, verwendet. Hierbei ist mit Resilienz die Eigenschaft eines Werkstoffs gemeint, nach einer Verformung durch Druck und Belastung von außen wieder in die ursprüngliche Form zurückzufinden.
Mit dem Begriff Resilienz wird im psychologischen Sinne die Widerstandsfähigkeit von Menschen gegenüber Belastungen, andauerndem Stress oder Traumata bezeichnet. Resilienz ist die Fähigkeit, sich von Krisensituationen ohne anhaltende Beeinträchtigungen zu erholen. Bislang gibt es kein einheitliches Verständnis davon, welche Eigenschaften oder Verhaltensweisen genau mit dem Begriff Resilienz gemeint sind; es gibt unterschiedliche Konzepte.
1.2 Geschichte der Resilienzforschung
Seit einigen Jahrzehnten wird der Begriff Resilienz auch in der Psychologie (und anderen Disziplinen) verwendet. Zuerst wurde der Begriff vorwiegend auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen bezogen.
Die Psychologin Emmy Werner führte Anfang der 1950er-Jahre Forschungen auf Hawaii zur Entwicklung von Kindern aus schwierigen Familienverhältnissen durch. Sie versuchte, diejenigen Schutzfaktoren zu finden, die bei einem Teil der Kinder zu einer positiven Entwicklung hin zu stabilen und gut integrierten Erwachsenen führten. Zu den von ihr gefundenen Schutzfaktoren gehörten z. B. unterstützende soziale Kontakte. Inzwischen wurden in zahlreichen Studien wichtige Resilienzfaktoren für Kinder und Jugendliche gefunden. Die Forschung wurde auch auf die Resilienzfähigkeiten Erwachsener ausgedehnt.
Es wird davon ausgegangen, dass Resilienz zum Teil genetisch bedingt ist, dass zur Resilienz aber auch Einstellungen, Verhaltensweisen und Fähigkeiten gehören, die sich fördern und trainieren lassen.
1.3 Resilienz im betrieblichen Gesundheitsmanagement
Gerade in der betrieblichen Gesundheitsförderung gewinnt das Resilienzkonzept an Bedeutung. Es wird als eine vielversprechende Möglichkeit zur Prävention von psychischer Beanspruchung, negativen Stressfolgen und Burnout angesehen. Da auch in den nächsten Jahrzehnten mit einer zunehmenden Stressbelastung in Unternehmen gerechnet werden muss, wird die Förderung der Resilienz zu einem zusätzlichen Interventionsansatz der Gesundheitsförderung, neben der Verringerung der eigentlichen Stressbelastung.
Es wird allerdings auch Kritik am Resilienzkonzept und seiner Anwendung in der betrieblichen Gesundheitsförderung geäußert. Kritiker meinen, dass Arbeitnehmer durch die Resilienzförderung möglicherweise nur fit gemacht werden sollen für eine psychisch immer belastendere Arbeitswelt. Der Fokus solle stattdessen auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, also z. B. die Reduzierung der Stressbelastung, gelegt werden.
Dagegen lässt sich argumentieren, dass Verhaltens- und Verhältnisprävention keine Gegensätze sein müssen, sondern sich gegenseitig ergänzen können. So ist es durchaus üblich, dass Unternehmen sowohl Rücken- oder Ergonomie-Schulungen anbieten, als auch die Arbeitsumgebung nach ergonomischen Gesichtspunkten günstig gestalten. Neu entwickelte Widerstandsfähigkeiten wirken außerdem nicht nur am Arbeitsplatz, sondern sie können auch im privaten Bereich eingesetzt werden. Menschen sind in ihrer gesamten Lebenswelt hohen Stressbelastungen ausgesetzt, sodass alle Aktivitäten zur psychischen Stabilisierung sinnvoll sind.
Resilienz in der Covid-19-Pandemie
Das Beispiel einer unerwartet eintretenden globalen Krise, wie z. B. der Covid-19-Pandemie, zeigt eindrücklich, wie wichtig die psychischen Fähigkeiten zur Bewältigung von belastenden Ausnahmesituationen tatsächlich sind. Ein frühzeitiges Aneignen und Trainieren von Resilienzfähigkeiten ist dabei hilfreich.