Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeldanspruch. erneutes Insolvenzereignis. Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit. Darlegungs- und objektive Beweislast des Leistungsberechtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Nach den im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden allgemeinen Regeln zur objektiven Beweislast gilt der Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Danach muss die Klägerin alle Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf Insolvenzgeld darlegen. Wenn sie nach einem ersten Insolvenzereignis vorträgt, dass bei ihrer früheren Arbeitgeberin ein zweites, neue Insolvenzereignis eingetreten sei, muss sie darlegen, dass ihre frühere Arbeitgeberin zwischen dem ersten und dem zweiten Insolvenzereignis die Zahlungsfähigkeit wiedererlangt hat. Es ist nicht an der Beklagten, den Nichteintritt der Zahlungsfähigkeit, mithin das Nichtvorliegen einer Anspruchsvoraussetzung, darzulegen.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 7. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung von Insolvenzgeld.

Die am 21. Mai 1959 geborene Klägerin arbeitete seit dem 24. Mai 1989 bei der Firma Y.... A.... GmbH (im Folgenden: OAN). Der letzte Arbeitsvertrag vom 27. Juni 2013 weist eine Beschäftigung ab dem 1. Juli 2013 im "Innendienst Kundenbetreuung" mit einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.329,00 EUR aus. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Kündigung des Insolvenzverwalters zum 31. Dezember 2015 bei unwiderruflicher Freistellung ab dem 14. April 2015 beendet.

Die OAN hatte bereits am 2012 aufgrund von Zahlungsunfähigkeit beim Amtsgericht A… einen (ersten) Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt verbunden mit dem Antrag auf Anordnung von Eigenverwaltung gemäß § 270a der Insolvenzordnung (InsO).

Das im Insolvenzverfahren über das Vermögen der OAN (Az. 401 IN 2971/12) durch den als vorläufigen Sachwalter und gerichtlich bestellten Sachverständigen Rechtsanwalt X.... erstellte Gutachten vom 28. Februar 2013 weist einen Forderungsbetrag der Gläubiger der OAN in Höhe von insgesamt 29.241.435,78 EUR und hiervon sofort fällige Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in Höhe von 10.713.207,50 EUR, sofort

fällige Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 7.656.751,51 EUR und sonstige sofort fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 7.013.423,86 EUR aus. Die

sofort fälligen Verbindlichkeiten belaufen sich auf insgesamt 25.383.382,87 EUR. Der Vermögenswert der Gesellschaft wurde mit 15.954.861,33 EUR zuzüglich einer Rückschlagsperre in Höhe von 758,83 EUR und Anfechtungsansprüchen in Höhe von 1.977.718,19 EUR, einer kurzfristigen Liquidität in Höhe von 8.880.191,78 EUR und einer freien Masse in Höhe von 5.444.152,39 EUR ermittelt. Die Überschuldung wurde mit

- 13.286.574,45 EUR (= 15.954.861,33 EUR Vermögen abzüglich 29.241.435,78 EUR Forderungsbetrag) und die Zahlungsunfähigkeit mit - 16.503.191,09 EUR

(= 8.880.191,78 EUR kurzfristige Liquidität abzüglich 25.383.382,87 EUR sofort fällige Forderungen) ausgewiesen.

Am 1. März 2013 wurde über das Vermögen der OAN das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet (Az. 401 IN 2971/12) und Eigenverwaltung angeordnet. Der Klägerin wurde für den Zeitraum vom 1. Dezember 2012 bis zum 28. Februar 2013 Insolvenzgeld gezahlt.

Im Rahmen der Eigenverwaltung der OAN wurde im Auftrag der Gläubigerversammlung am 27. September 2013 ein Insolvenzplan erstellt, der von der Gläubigerversammlung am 11. November 2013 angenommen und mit Beschluss des Amtsgerichts A.... vom 13. Februar 2014 rechtskräftig bestätigt wurde. Der Insolvenzplan enthält die Regelung, dass die Gläubiger festgestellter Forderungen im Rang des § 38 InsO auf einen Großteil ihrer Forderungen gegen die Schuldnerin gegen ein Quotenzahlung von mindestens 3 %, aufgeteilt in Tranchen von 1 % am 30. Juni 2014 sowie weiteren 2 % zum 31. Dezember 2014, verzichten. Darüber hinaus sollten die Gläubiger an sogenannten "Besserungsabreden I und II" partizipieren, die eine weitere Quote von 2 % und ein Partizipieren an Erlösen aus der Realisierung von Ansprüchen vorsah. Es wurde ausgewiesen, dass bei einer Regelinsolvenz mit einer Quote von 0,00 % zu rechnen wäre. Hinsichtlich der Rechte am beweglichen Anlagevermögen wurde von einem Fortführungswert von 5.923.893,00 EUR ausgegangen und eine Abgeltungszeit von sechs Jahren geregelt. Hinsichtlich der Rechte am unbeweglichen Anlagevermögen wurde von einem Fortführungswert von 3.390.571,00 EUR ausgegangen und eine Abgeltung innerhalb von neun Jahren mittels monatlicher Ratenzahlungen vereinbart. Eine Forderungsverzicht nach § 52 InsO erklärten die Absonderungsberechtigten nicht.

Mit Beschluss...

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