Entscheidungsstichwort (Thema)
Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers. erfolglose Vermittlungsaktivitäten bereits vor Abschluss des schriftlichen Vermittlungsvertrags. Nebenbestimmung. keine Überprüfung im Abrechnungsverfahren. keine Auslegungsbedürftigkeit. klarer und unzweideutiger Inhalt. Abweichung von der Geschäftsanweisung der BA. norminterpretierender Inhalt
Leitsatz (amtlich)
1. Ein schriftlicher Vermittlungsvertrag muss nicht bereits vor der ersten Vermittlungstätigkeit für den Arbeitsuchenden geschlossen sein, wenn diese Vermittlungstätigkeit erfolglos und damit vergütungsrechtlich unerheblich geblieben ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn ein schriftlicher Vermittlungsvertrag geschlossen ist, bevor die (spätere) vergütungsrechtlich relevante Vermittlungstätigkeit beginnt.
2. Allein der Umstand, dass eine klare und unzweideutige Regelung in einem Verwaltungsakt von verwaltungsinternen Vorgaben abweicht, begründet allein noch nicht die Auslegungsbedürftigkeit der Regelung.
3. Eine Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit, die den Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers betrifft, ist weder normkonkretisierend noch ermessenslenkend, sondern norminterpretierend.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 26. Mai 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst zu tragen hat.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin, ein privates Arbeitsvermittlungsunternehmen, begehrt vom Beklagten die Zahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR.
Die Agentur für Arbeit Z..., eine Dienststelle der Agentur für Arbeit Y..., stellte dem 1980 geborenen und vom Sozialgericht mit Beschluss vom 18. Februar 2014 Beigeladenen am 18. Januar 2013 einen bis zum 17. April 2012 gültigen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein zur Auswahl eines zugelassenen Trägers (private Arbeitsvermittlung) für die Arbeitsvermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung "in der Stadt/in den Städten X... und ca. 50km Umgebung" über 2.000,00 EUR aus. Der Gutschein enthielt unter der Überschrift "Nebenbestimmungen" unter anderem folgende Passagen:
"Zeitliche Befristung der Zusicherung (Gültigkeitsdauer)
Der festgelegte Zeitraum ist maßgeblich für folgende Aktivitäten:
- Auswahl eines zugelassenen Trägers
- Arbeitsvermittlung durch den ausgewählten Träger
- Aufnahme dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung
Die Befristung (Gültigkeitsdauer) endet bei folgenden Ereignissen:
1. Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung
2. Ende des Anspruches auf Arbeitslosengeld
3. [...]"
"Vermittlungsvergütung
Die Vermittlungsvergütung wird unter Einhaltung der regionalen Beschränkungen und unter folgenden Voraussetzungen an den Träger (private Arbeitsvermittlung) gezahlt:
- Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung bzw. in eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins
- Aufnahme der vermittelten Beschäftigung innerhalb der Gültigkeitsdauer
- mindestens sechswöchige Dauer der vermittelten Beschäftigung
- Nachweis durch die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung
- Einlösung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines mit dem erforderlichen Nachweis innerhalb der Ausschlussfrist"
Die Klägerin ist ein zugelassener Träger im Sinne von § 176 Abs. 1 Satz 1, §§ 178, 181 und 184 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) in Verbindung mit der Verordnung über die Voraussetzungen und das Verfahren zur Akkreditierung von fachkundigen Stellen und zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung - AZAV) vom 2. April 2012 (BGBl. I S. 504). Sie verfügt über das Zertifikat der DEKRA Certification GmbH vom 26. November 2012 für den Standort A... (Zertifikats-Registrier-Nr.: V...), gültig vom 26. November 2012 bis zum 25. November 2017.
Ausweislich ihrer den Beigeladenen betreffenden Vermittlungshistorie versandte die Klägerin am 24. Januar 2013 um 15.09 Uhr und um 15.10 Uhr an ihn einen Vermittlungsvertrag. Ferner versandte sie um 15.12 Uhr per E-Mail ein Bewerbungsprofil des Beigeladenen an die Fa. U... Unter dem 28. Januar 2013 ist für 13.37 Uhr "VV hochgeladen" vermerkt. Die von der Klägerin im Klageverfahren vorgelegte Kopie des Vermittlungsvertrages trägt die Datumsangabe "24.01.2013".
Aus der Vermittlungshistorie ergibt sich weiter, dass die Klägerin das Bewerbungsprofil des Beigeladenen per E-Mail am 13. Februar 2013 um 15.47 Uhr an die Fa. ...