Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorschuss. Erstattungsregelung. Bestimmtheit bzw Erkennbarkeit der Vorläufigkeit des Verwaltungsaktes. Nebenbestimmungen
Leitsatz (amtlich)
1. Der Anwendungsbereich der Erstattungsregelung in § 42 Abs 2 S 2 SGB 1 ist eröffnet, wenn der Leistungsträger für einen an Treu und Glauben orientierten Begünstigten hinreichend verdeutlicht hat, er treffe eine lediglich einstweilige Regelung vom Typ eines Vorschusses iS von § 42 Abs 1 SGB 1. Hierzu muss er wenigstens die typusprägenden Merkmale dieses einstweiligen Verwaltungsaktes mitteilen.
2. Zur Bestimmtheit eines Bescheides, mit dem Förderleistungen nur als Vorschuss iS von § 42 Abs 1 SGB 1 bewilligt werden sollten.
Orientierungssatz
Der Umstand, dass der Bescheid mit Nebenbestimmungen (hier Auflagen und Bedingungen) versehen war, ist nicht geeignet, die hinreichende Bestimmtheit des Bescheides als Vorschussbescheid iS von § 42 SGB 1 zu begründen.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 15. Mai 2006 sowie der Erstattungsbescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2004 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Klägerin zu einer teilweisen Rückzahlung von Fördermitteln für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) in Höhe von 10.860,67 EUR wegen Lohnausfalls der geförderten ABM-Kräfte in den Monaten März und April 2002.
Die Klägerin beabsichtigte, zur Erhöhung der touristischen Attraktivität ihrer Gemeinde verschiedene Projekte zur Realisierung des Ortsentwicklungskonzeptes durchzuführen. Hierzu beantragte sie am 26. März 2001 bei der Beklagten die Förderung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für 11 Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Beschäftigungszeit von 36,9 Stunden für ein Jahr, beginnend ab dem 1. Mai 2001. Der für die Klägerin handelnde Bürgermeister bestätigte bei der Antragstellung, das ABM-Merkblatt erhalten zu haben. Ferner enthielt das Antragsformular unter anderem folgende Erklärungen:
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“15.4 |
Ich/Wir verpflichte(n) mich/uns, im Falle einer Zahlung vor der Prüfung der entsprechenden Unterlagen beim Unternehmer und dem Träger etwaige hierdurch zu Unrecht gewährte Beträge zu erstatten.„ |
“15.16 |
Ich/Wir verpflichte(n) mich/uns, dem Arbeitsamt jede Änderung unverzüglich gegenüber meinen/unseren Angaben im Antrag mitzuteilen, die sich auf die Zahlung der Förderung auswirkt, insbesondere |
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- die Lösung des Arbeitsverhältnisses während des Förderzeitraumes sowie die hierfür maßgeblichen Gründe, |
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- eine Verringerung der der Bemessung des Zuschusses zugrunde liegenden Arbeitszeit, |
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- eine Veränderung des gezahlten Arbeitsentgeltes, |
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- den zweckfremden Einsatz eines zugewiesenen Arbeitnehmers.„ |
Des Weiteren gab die Klägerin in diesem Zusammenhang auch an, dass sie mit der Durchführung der Arbeiten ein Wirtschaftsunternehmen, das Vergabeunternehmen “E. C. (eingetragener Kaufmann)„, beauftragt habe,. Mit Werkvertrag vom 27. April 2001 hatte die Klägerin (als Auftraggeberin) die Firma “E. C. e. K.„ (als Auftragnehmerin) mit der Ausführung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beauftragt. Als eine Gesamtvergütung wurde ein Betrag von 430.474,99 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer vereinbart.
Ab dem 1. Mai 2001 wurden auf dieser Grundlage 11 Arbeitnehmer eingestellt, acht mit einem monatlichen Bruttogehalt von 2.350,20 DM, zwei mit 2.478,19 DM und einer mit 2.606,13 DM. Hierzu gab die Klägerin eine Erklärung zur Auszahlung der Zuschüsse ab, mit der sie erneut folgende Verpflichtung unterzeichnete:
“Ich/Wir verpflichte(n) mich/uns, alle für die Bemessung der laufenden Zahlungen wesentlichen Änderungen (insbes. Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers über 6 Wochen, vorzeitiges Ausscheiden eines Arbeitnehmers, Beschäftigung des Arbeitnehmers mit anderen als den förderungsfähig anerkannten Arbeiten) unverzüglich dem Arbeitsamt anzuzeigen.„
Mit Anerkennungsbescheid vom 12. April 2001 erklärte die Beklagte die beantragte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für ein Jahr im Zeitraum vom 1. Mai 2001 bis zum 30. April 2002 für 11 ABM-Kräfte als Vergabe-ABM für förderfähig. Als Förderung (Zuschüsse) entsprechend dem berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelt von “voraussichtlich 392.000,00 DM„ bewilligte die Beklagte “vorbehaltlich des Schlussbescheides„ 392.000,00 DM als Zuschuss zum berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelt sowie eine Gesamtförderung von 486.151,00 DM. Nach Punkt 6 des Bescheides waren die Arbeiten von einem Wirtschaftsunternehmen durchzuführen. Die Punkte 9 und 10 des Bescheides haben folgenden Wortlaut:
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“9. |
Bedingungen |
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- Alle Zahlungen bis zur Erteilung des Schlussbescheides erfolgen unter der Bedingung, dass |
9.1 |
das Ergebnis der nachträglichen Prüfung die Richtigkeit Ihrer bzw. der Angaben des Unternehmens bestätigt, |
9.2 |
bei Abschlagszahlungen zum... |