Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeld II. Meldeversäumnis. Anforderung an die Rechtsfolgenbelehrung in der Meldeaufforderung. fehlender Hinweis auf Nachholungsmöglichkeit des § 309 Abs 3 S 2 SGB 3 bedingt keine Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung

 

Orientierungssatz

Eine Rechtsfolgenbelehrung in einer Meldeaufforderung ist nicht allein deshalb unvollständig, weil der Hinweis auf die Möglichkeit der Nachholung der versäumten Meldung an demselben Tag zu einer anderen Uhrzeit im Sinne des § 309 Abs 3 S 2 SGB 3 fehlt.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 27.02.2020; Aktenzeichen B 4 AS 28/20 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 5. April 2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist eine Minderung des Anspruches auf Arbeitslosengeld II nach § 32 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum Dezember 2015 bis Februar 2016 streitig.

Der 1985 geborene Kläger bezieht Arbeitslosengeld II. Mit Bescheid vom 13.01.2015 wurden ihm für den Zeitraum Februar 2015 bis Januar 2016 entsprechende Leistungen bewilligt (ab April 2015 in Höhe von 534,90 €). Ladungen durch den Beklagten zu den Meldeterminen vom 26.03.2015, 17.06.2015 und 06.08.2015 kam der Kläger nicht nach. Einen Grund für sein jeweiliges Nichterscheinen gab er nicht an.

Mit Schreiben vom 08.10.2015, dem eine Rechtsfolgenbelehrung mit Hinweis auf § 309 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) beigefügt war, lud der Beklagte den Kläger zu einem weiteren Meldetermin am 22.10.2015 um 11.00 Uhr ein. Als Meldezweck war angegeben: "Ich möchte mit Ihnen Ihre aktuelle berufliche Situation besprechen". Die Rechtsfolgenbelehrung hatte folgenden Wortlaut:

"1. Eine Verletzung der Meldepflicht nach § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III liegt vor, wenn Sie der Aufforderung Ihres zuständigen Jobcenters, sich persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommen.

1.

Bei einer Verletzung der Meldepflicht wird das Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld um 10 Prozent des für Sie maßgebenden Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach §·20 SGB II gemindert.

2.

Minderung und Wegfall dauern drei Monate und beginnen mit dem Kalendermonat nach Zustellung des entsprechenden Bescheides über die Sanktionen (§ 31b SGB II). Während dieser Zeit besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe).

3.

Durch Verletzung der o.g. Pflichten können sich ggf. Überschneidungen der Sanktionszeiträume ergeben (Beispiel: 10 Prozent Minderung aufgrund erster Verletzung der Meldepflicht vom 01.05. bis 31.07. und 10 Prozent Minderung aufgrund einer weiteren Verletzung der Meldepflicht vom 01.06. bis 31.08. --) Überschneidung vom 01.06. bis 31.07. mit insgesamt 20 Prozent Minderung).

4.

Minderungen wegen Meldepflichtverletzungen treten zu Minderungen nach § 31 SGB II hinzu (Beispiel: 10 Prozent Minderung aufgrund Verletzung der Meldepflicht vom 01.05. bis 31.07. und 30 Prozent Minderung aufgrund einer Verletzung der Grundpflichten vom 01.05. bis 31.07. --) vom 01.05. bis 31.07. insgesamt 40 Prozent Minderung).

5.

Bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs können auf Antrag ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbracht werden. Diese sind grundsätzlich zu erbringen, wenn minderjährige Kinder in der Bedarfsgemeinschaft leben. Beachten Sie aber, dass Sie vorrangig Ihr Einkommen und verwertbares Vermögen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einsetzen müssen."

Der Kläger erschien zu diesem Termin nicht und reagierte auch nicht auf das Anhörungsschreiben vom 22.10.2015 zu einer beabsichtigten Sanktion.

Mit Bescheid vom 09.11.2015 stellte der Beklagte für die Zeit vom 01.12.2015 bis 29.02.2016 eine Minderung des Arbeitslosengeldes II des Klägers um monatlich 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs höchstens in Höhe des zustehenden Gesamtbetrages fest. Der Kläger sei trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen und ohne Angabe von Gründen zu dem Meldetermin am 22.10.2015 nicht erschienen. Das Arbeitslosengeld II sei daher für die bezeichneten Monate um 39,90 Euro zu mindern. Der vorangegangene Bescheid vom 13.01.2015 werde insoweit für den Leistungsanspruch für die Zeit vom 01.12.2015 bis 31.01.2016 in Höhe der genannten Minderung aufgehoben. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Mit Schreiben vom 03.03.2016 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag nach § 44 SGB Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf Überprüfung des Bescheides vom 09.11.2015, den der Beklagte mit Bescheid vom 04.04.2016 bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 02.08.2016 ablehnte. Der Kläger habe für sein Meldeversäumnis keinen wichtigen Grund nachgewiesen. § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III sei nur relevant, wenn tatsächlich eine verspätete Vorsprache erfolgt sei, was im Fall des Kläge...

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