Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Aufbau einer Rehabilitationseinrichtung. Belegungszusage. Widerruf der Belegungszusage. Schadensersatz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Belegungszusage stellt keine auf den Abschluss eines (öffentlich-rechtlichen) Vertrages gerichtete Willenserklärung dar. Die Belegungszusage ist ihrer Rechtsnatur nach als einseitig verpflichtende verwaltungsrechtliche Willenserklärung in Form einer öffentlich-rechtlichen Zusage zu bewerten. Sie ist eine Art Garantieerklärung, der Rechtsverbindlichkeit zukommt.

2. Die Belegungszusage ist im Grundsatz widerrufbar und kann im Einzelfall zurückgenommen werden, wenn die Vertrauensgrundlage, die Basis der Abgabe der Verpflichtungserklärung war, erschüttert ist, ohne dass es auf ein Verschulden des Empfängers, der durch den Empfang der einseitigen Verpflichtungserklärung eine schützenswerte Rechtsposition erlangt hat, ankommt.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 10. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 214.466,81 Euro festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten, Schadensersatz in Höhe von 214.466,81 Euro wegen der Zurücknahme einer erteilten Belegungszusage für das Betreiben einer Rehabilitationseinrichtung für Drogenabhängige in M… durch die Klägerin, zu zahlen.

Auf Initiative der Beklagten wurden im Jahr 2000 Gespräche mit dem Vorsitzenden des H… Instituts für Suchtforschung, Therapie und Beratung e.V. (HIST) hinsichtlich des Aufbaus und des Betreibens einer dritten Rehabilitationseinrichtung für Drogenabhängige in Sachsen geführt, da nach den langfristigen Planungen der Beklagten hierfür ein Bedarf im Sächsischen Raum bestand. Im Mai 2001 machte die Beklagte gegenüber dem HIST deutlich, dass sie als Betreiber eine Einrichtung der Sächsischen Arbeiterwohlfahrt (AWO) favorisiere, da die AWO ein Konzept vorgelegt habe, das vom Medizinischen Dienst (MD) der Beklagten befürwortet worden sei. Der Vorstandsvorsitzende des HIST, Dr. R…, sollte dabei als hochqualifizierter Chefarzt der Fachklinik E… die künftige Drogenklinik unterstützen. Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 teilte Dr. R… der Beklagten mit, dass als Träger für die Suchtklinik ein Trägerverbund, bestehend aus der AWO Kreisverband M…-C… sowie dem HIST, vorgesehen sei. Am 16. Juli 2001 übersandte Dr. R… den ausgehandelten Erstentwurf eines Gesellschaftsvertrages einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH), nach dem die AWO und die HIST jeweils 50 % des Stammkapitals halten sollten und die Gesellschaft den Namen “Sächsisches Institut für Suchttherapie gGmbH (SIST)„ tragen sollte, sowie eine überarbeitete Konzeption der stationären Einrichtung zur medizinischen Rehabilitation Drogenabhängiger in Sachsen. Für das Betreiben der Rehabilitationseinrichtung war ursprünglich ein Objekt in Sch… avisiert. Die Beklagte erteilte dem im Aufbau befindlichen SIST am 19. Juli 2001 eine Belegungszusage für die beabsichtigte Rehabilitationseinrichtung für Drogenabhängige in Sch…. Die Belegungszusage war schriftlich abgefasst und beinhaltete die Aussage, dass die Beklagte bereit sei, das Belegungsangebot für die beabsichtigte Einrichtung in Sch… anzunehmen und mit einem Kontingent von bis zu 24 Betten in die langfristige Bettenbedarfsplanung aufzunehmen.

Nachdem es aufgrund von Bürgerprotesten nicht zum Bau der Rehabilitationseinrichtung in Sch… kam, wurde vom HIST die Umnutzung des leerstehenden Schlosses in M… favorisiert. Im Dezember 2002 stimmte der Stadtrat der Stadt M… der künftigen Nutzung des Schlosses als Suchtklinik zu. Darüber informierte der Vorsitzende des HIST die Beklagte im Januar 2003 und fragte an, ob zur Anschubfinanzierung im ersten Geschäftsjahr ein Pflegesatz in Höhe von 120,00 Euro und zur Sicherung gegenüber der Bank eine Kontingenterhöhung auf 34 Betten möglich sei. Im Februar 2003 legte das HIST der Beklagten einen weiteren Gesellschaftsvertragsentwurf vor, der nicht mehr die AWO, sondern die Arbeit und Leben BWZ GmbH mit einer 49 %-igen Beteiligung vorsah. Des Weiteren teilte Dr. R… der Beklagten mit, dass ein Sanierungs- und Umbaukonzept vorliege, wobei die Sanierung des Dachstuhls des Schlosses M… jedoch erhebliche Probleme, auch in finanzieller Hinsicht, bereite.

Mit Schreiben vom 3. März 2003 übersandte die Beklagte dem HIST die “Belegungszusage für das Sächsische Institut für Suchttherapie„ für das Vorhaben des Aufbaus einer Rehabilitationseinrichtung für Drogenabhängige in M…. Die Belegungszusage hatte folgenden Inhalt:

“Wir haben ihr Angebot geprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Landesversicherungsanstalt Sachsen bereit ist, ihr Belegungsangebot dem Grundsatz nach anzunehmen. Ihr Haus wird mit einem Kontingent von bis zu 24 Betten in unsere langfristige Bettenbedarfsplanung aufgenommen.

Wir haben bei der Prüfung des längerfristigen Bedarfs auf d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge