Rz. 23
§ 117 Abs. 1. Satz 2 eröffnet die Möglichkeit in besonderen Einrichtungen eine Maßnahme, sowohl bei der Aus- als auch bei der beruflichen Weiterbildung, abweichend von den üblichen Regelungen des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung zu fördern. Folglich wird hier auch eine Ausbildung in schulischer Form möglich, die ein Studium in einer Rehabilitationseinrichtung einschließt.
Zweck der Regelung ist, zum einen Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen zu eröffnen, bei denen die üblichen Anforderungen einer Ausbildung noch weiter wie die Sonderregelungen des § 66 BBiG und § 42r HwO zu reduzieren, um eine Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen. Zum anderen besteht die Möglichkeit, in einer Maßnahme eine Wissensvermittlung vorzunehmen, die mit Studiengängen vergleichbar ist, aber ein reguläres Studium behinderungsbedingt nicht absolviert werden kann.
Bei einer schulischen Ausbildung in einer besonderen Einrichtung kommt einer Berufsfachschule behinderungsbedingt nicht in Betracht. Schulische Aus- und Weiterbildungen erfolgen regelmäßig beschränkt auf Teilbereiche eines Berufes oder Berufsfeldes (vgl. BSG, Urteil v. 17.11.2005, B 11a AL 23/05 R). Im Vergleich zu den Regelausbildungen werden bei den relevanten Fachpraktiker- oder Werkerausbildungen beispielsweise fachpraktische Inhalte stärker gewichtet, während die Fachtheorie reduziert wird. Welche Anteile stärker oder schwächer gewichtet werden, hängt von der Art der Behinderung bzw. der Einschränkung des Auszubildenden ab. Die Ausbildungszeit kann ggf. auf 2 Jahre reduziert werden. Wenn während dieser gesonderten Ausbildung ein regulärer Leistungs- und Wissensstand vom Menschen mit Behinderungen erreicht wird, kann die Ausbildung nach den regulären Ausbildungsordnungen mit dem Ziel eines anerkannten Ausbildungsberufes fortgesetzt werden.
Ein Regelstudium wird nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sowie ggf. in Kombination mit Leistungen des SGB II (vgl. § 27 SGB II) oder dem SGB XII gefördert. Hiervon kann für Menschen mit Behinderungen abgewichen werden, für die aufgrund der Art und der Schwere ihrer Behinderung ein Studium an einer Hoch- oder Fachhochschule nicht realisierbar ist. Die Berufsförderungswerke als besondere Einrichtungen bieten daher auch in eigenen Fachhochschulen Studienplätze für Menschen mit Behinderungen an (z. B. BFW Heidelberg). Die Notwendigkeit der Inanspruchnahme neben Art und Schwere der Behinderung, insbesondere das Vorliegen der Eignungsvoraussetzungen, bedarf einer umfassenden Prüfung durch die Bundesagentur für Arbeit. Dabei ist auch zu prüfen, ob und welche studienbegleitenden Hilfen der Mensch mit Behinderungen zusätzlich benötigt.
Das BSG (Urteil v. 24.2.2016, B 8 SO 18/14 R) hat hinsichtlich eines Promotionsstudiums ebenfalls die Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit als Rehabilitationsträger – anstatt des Eingliederungshilfeträgers – als möglich erachtet (§ 14 SGB IX). Strittig war die Kraftfahrzeughilfe als ergänzende sonstige Hilfe, weil der Mensch mit Behinderungen sich einen PKW anschaffte, für den eine Erstattung begehrt wurde. Die hier konkret begehrten Leistungen sind nach Auffassung des BSG allerdings keine Teilnahmekosten für eine Maßnahme gemäß § 118 Satz 1 Nr. 3, sondern bereits von § 117 i. V. m. § 33 SGB III a. F. bzw. § 49 SGB IX erfasst. Eine ähnliche Entscheidung hat das BSG zu einem Gebärdensprachdolmetscher während eines Hochschulstudiums getroffen (BSG, Urteil v. 20.4.2016, B 8 SO 20/14 R). Auch in diesem Verfahren wies das BSG die Klage ebenfalls an das zuständige LSG zurück. Grund war die fehlende Beiladung der Bundesagentur für Arbeit, die im Rahmen der besonderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zuständiger Träger – anstatt des Eingliederungshilfeträgers – sein könnte. Die beiden Entscheidungen des 8. BSG-Senats heben sich deutlich vom bisherigen Verständnis und Rechtsprechung ab, da sie die Bundesagentur für Arbeit als vorrangigen Rehabilitationsträger (§ 14) für Teilhabeleistungen an der Hochschule nennen. Der Eingliederungshilfeträger ist damit nicht wie bisher alleine zuständig.