Rz. 10
Auf das Ausbildungsgeld (§ 122) in Höhe des maßgeblichen Bedarfssatz nach § 123 während einer Berufsausbildung ist grundsätzlich Einkommen anzurechnen. Die Anrechnungssystematik und die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens ergibt sich aus § 122 Abs. 2 i. V. m. § 67. Jedoch sind die gesondert geregelten Freibeträge des Abs. 2 ("bleibt im Übrigen") der verschiedenen Personen bei der Festsetzung der Höhe des Anrechnungsbetrages vorrangig heranzuziehen (vgl. § 122 "soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist"). Dies liegt mit der Regelung des § 126 vor, es handelt sich dabei um pauschalierte Einkommensgrenzen für die jeweils genannten Personen.
Rz. 11
§ 126 regelt selbst nicht den Begriff des Einkommens. Hierzu sind die Regelungen des § 122 Abs. 2 i.V.m § 67 Abs. 2 mit Verweis auf § 21 BAföG heranzuziehen (vgl. Komm. zu § 67). Die Systematik wird nachfolgend überblicksweise dargestellt:
Einkommen ist demnach die Summe der positiven Einkünfte nach dem Einkommensteuergesetz (§ 21 Abs. 1 BAföG). Der Einkommensteuer unterliegen die in § 2 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) abschließend aufgeführten 7 Einkunftsarten:
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13, 14 EStG),
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17 EStG),
- Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG),
- Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit (§ 19 EStG),
- Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG),
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG),
- sonstige Einkünfte (§ 22 EStG; sonstige Einkünfte sind nicht alle anderen möglichen Einkünfte, sondern nur die abschließend in § 22 EStG definierten Einkünfte).
Nicht als Einkommen heranzuziehen sind zweckgebundene Sach- und Sonderleistungen nach § 21 Abs. 4 BAföG (z. B. Mehrbedarf für Körperschäden, Gesundheitsfürsorge, Grundrenten, und Schwerstbeschädigtenzulagen, Schmerzensgeld etc.). Ebenfalls nicht als Einkommen gelten z. B. Nachtarbeitszuschläge, ergänzende Arbeitgeberleistungen zum Ausbildungsgeld (Aufstockungsbetrag nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4) sowie Elterngeld.
Von den Einkünften sind die üblichen Abgaben, Aufwendung und Werbungskosten – mit Ausnahme der Kosten des Auszubildenden selbst § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 – abzusetzen (Einkommensteuer, Kirchensteuer, Sozialversicherungsbeiträge, gewisse Sonderausgaben, Fahrten zur Arbeitsstätte etc.).
Rz. 12
Auf den Bedarf des Ausbildungsgeldes ist zuerst das eigene Einkommen, dann das Einkommen des Ehegatten/Lebenspartners und zuletzt das Einkommen der Eltern anzurechnen (vgl. Reihenfolge in der Komm. zu § 67 Abs. 1).
2.3.1 Einkommensfreibeträge des behinderten Menschen
Rz. 13
Erhält der Mensch mit Behinderungen eine Waisenrente, Waisengeld oder eine Unterhaltsleistung sind diese Einkünfte nach § 67 als Einkommen beim Ausbildungsgeld (Bedarfsvarianten nach § 123 Nr. 1, 2 oder 3) zu berücksichtigen. Für die Waisenrente und das Waisengeld werden mit der Sonderregelung des § 126 höhere Freibeträge als bei der Berufsausbildungsbeihilfe berücksichtigt. Folglich sind die geringen Freibeträge außer Acht zu lassen. Stattdessen sind bis zu 352,00 EUR als Freibetrag abzusetzen (in der Zeit vom 1.8.2019 bis 31.7.2020 betrug dieser 272,00 EUR, vom 1.8.2020 bis 31.7.2022 betrug dieser 277,00 EUR und vom 1.8.2022 bis 31.7.2024 betrug dieser 334,00 EUR). D.h. wenn ein Waisengeld von 250,00 EUR gezahlt wird, entspricht dies auch dem Freibetrag. Der Freibetrag kann nur einmal genutzt werden und wird nicht bei kumuliertem Bezug von Waisenrente und Unterhaltsleistung verdoppelt. Zudem erfolgt nur eine Absetzung bis zum Maximalbetrag. Der Freibetrag wird ausschließlich für die Waisenrente, das Waisengeld oder eine Unterhaltszahlung verwendet. Ein nicht genutzter Freibetrag kann nicht auf andere Einkünfte übertragen werden. Ein übersteigender Betrag ist auf das Ausbildungsgeld anzurechnen und mindert den Bedarfssatz in entsprechender Summe.
Rz. 14
Die Waisenrente setzt sich auch 2 Bestandteilen zusammen. Die Grundrente ist bereits nach § 21 Abs. 4 BAföG anrechnungsfrei zu stellen. Für die verbleibende Ausgleichsrente kann hingegen der Freibetrag nach § 126 Abs. 2 Nr. 2 herangezogen werden.
Rz. 15
Für die Absetzung von Unterhaltsleistungen ist der amtliche Unterhaltstitel vorzulegen. Wird an behinderte Personen Kindergeld anstatt einer Unterhaltsleistung ausgezahlt (vgl. § 1612b BGB), kann der Freibetrag hierfür ebenfalls herangezogen werden.
Rz. 16
Maßgeblich für die Entscheidung der zuständigen Agentur für Arbeit ist das (voraussichtliche) Einkommen der behinderten Person zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 122 Abs. 2 i. V. m. 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2).
Rz. 17
Bezieht der Mensch mit Behinderungen eigenes Einkommen ist grundsätzlich das vollständige positive Einkommen zu ermitteln (vgl. Rz. 10 ff.). Die gewährte Ausbildungsvergütung findet daher regelmäßig eine Berücksichtigung als Einkommen. In allen Fallgestaltungen verbleibt ein Betrag von 65,00 EUR anrechnungsfrei (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 HS 1). Gewährt der ausbildende Betrieb dem behinderten Menschen Kost und Logis oder andere Sachbezüge, sind diese eben...