Rz. 495
Eine Aufforderung zur Meldung, die sperrzeitrechtliche Konsequenzen zur Folge haben soll, darf nicht willkürlich durch die Agentur für Arbeit ergehen. Sie muss einem zugelassenen Meldezweck genügen, sonst darf der Arbeitsuchende bzw. der Arbeitslose sie aus wichtigem Grund ignorieren, ohne den Eintritt einer Sperrzeit befürchten zu müssen. Die gültigen Meldezwecke listet § 309 Abs. 2 abschließend auf. Die Regelung verdichtet die Vielzahl denkbarer Gründe dafür, ein persönliches Erscheinen des Meldepflichtigen zu fordern, auf 5 Zwecke. § 309 Abs. 2 Nr. 1 benennt eine Berufsberatung als Meldezweck für eine Einladung nach § 309. Dieser Zweck wird hauptsächlich für junge Arbeitsuchende und Arbeitslose ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung oder nach gescheiterter Ausbildung in Betracht kommen und hat zum Ziel, die Möglichkeiten einer erfolgreichen (ggf. weiteren) Berufsausbildung auszuloten.
Die Berufsberatung muss sich aber nicht auf eine Beratung junger Menschen beziehen, im Gegenteil, die Agenturen für Arbeit haben die herkömmliche Berufsberatung in eine lebensbegleitende berufliche Beratung während des gesamten Zeitraums potenzieller Erwerbstätigkeit umgewandelt. Eine Sperrzeit wird nur ausnahmsweise auf § 309 Abs. 2 Nr. 1 gestützt werden, als besonders praxisnah sind in diesem Zusammenhang § 309 Abs. 2 Nr. 2 und 3 anzusehen.
§ 309 Abs. 2 Nr. 2 bestimmt die Meldepflicht zum Zwecke der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit, insbesondere zur Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen. Es werden aber auch die Vermittlung vorbereitende Aktivitäten, etwa die Klärung der Eignung der meldepflichtigen Person für eine Ausbildung oder Beschäftigung von dem Meldezweck erfasst. § 309 Abs. 2 Nr. 3 benennt die Vorbereitung von aktiven Arbeitsförderungsleistungen als Meldezweck, diese Regelung bezieht sich insbesondere auf die Notwendigkeit der Besprechung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zur Unterstützung der Aktivierung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. § 309 Abs. 2 Nr. 4 und 5 bezieht sich auf leistungsrechtliche Angelegenheiten und damit insbes. auf die rechtmäßige Erbringung des Alg nach erfolgter Antragstellung (§ 309 Abs. 2 Nr. 4) bzw. der Überprüfung der Rechtmäßigkeit bereits gezahlter Versicherungsleistungen (§ 309 Abs. 2 Nr. 5), z. B. bei Verdacht auf Leistungsmissbrauch. Abs. 2 Nr. 4 dient insbesondere dazu, die Leistungsvoraussetzungen für die Zahlung von Alg abzuklären. Im Übrigen vgl. im Einzelnen die Komm. zu § 309. Der Meldezweck muss in der Meldeaufforderung erkennbar mitgeteilt werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 27.9.2002, L 8 AL 855/02).
Rz. 496
Ein etwaiger Betreuer des Arbeitslosen ist über die Einladung in Kenntnis zu setzen. In der Praxis wird es sich anbieten, dem Betreuer die Einladung im Wortlaut zu übersenden. Es können aber auch andere Absprachen mit dem Betreuer getroffen werden.
Rz. 497
Eine Einladung zu einem Untersuchungstermin bezieht sich allein auf das Erscheinen. Die Meldepflicht bedeutet nicht die Duldungspflicht der ärztlichen oder psychologischen Untersuchung. Insoweit darf es im Einladungstext nicht zu missverständlichen Formulierungen kommen, sonst wäre die Wirksamkeit der Einladung gefährdet. Über rechtliche Konsequenzen der Verweigerung einer Untersuchung ist nach Maßgabe der Regelungen über die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. SGB I zu befinden. Das Nichterscheinen eines Arbeitslosen nach Erhalt einer Meldeaufforderung kann als gewichtiges Indiz fehlender Verfügbarkeit sowie als Verletzung der Obliegenheiten des Arbeitslosen zur Angabe von Tatsachen und zum persönlichen Erscheinen nach den für alle Sozialleistungen geltenden Mitwirkungsvorschriften Grund für eine Leistungsversagung oder -entziehung sein. Die allgemeinen Mitwirkungsvorschriften sind insoweit neben der speziellen Regelung des SGB III zur Meldeaufforderung anwendbar (BSG, Urteil v. 14.5.2014, B 11 AL 8/13 R). Für Zeiten einer festgestellten Sperrzeit kann ein versagter oder entzogener Anspruch auf Alg nicht nach § 67 SGB I nachträglich erbracht werden.
Rz. 498
Die Aufforderung zur Meldung kann bestimmen, dass die Meldeaufforderung auf den ersten Tag der wieder erlangten Arbeitsfähigkeit fortwirkt, wenn der Arbeitsuchende bzw. Arbeitslose am Tag des Meldetermins arbeitsunfähig erkrankt sein sollte (§ 309 Abs. 3 Satz 3). Dies muss allerdings in der Meldeaufforderung zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht werden. Hierfür bedarf es keiner im konkreten Einzelfall vorliegender Indizien, die auf eine zukünftige Erkrankung zum Meldetermin hindeuten. Nicht jede Erkrankung hindert eine persönliche Vorsprache zum Meldetermin in der Agentur für Arbeit, auch nicht jede arbeitsunfähige Erkrankung.
Rz. 499
Eine Meldeaufforderung mit zugelassenem Meldezweck wird mit der Bekanntgabe wirksam (vgl. §§ 37, 39 SGB X). Die Wirksamkeit geht nicht dadurch verloren, dass – im Unterschied zu einer Rechtsfolgenbelehrung – eine Rechtsbehelfsbelehrung in der Meldeaufforderung nicht enthalten ist. Den Zugang der Mel...