2.1 Versicherungspflicht bei Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt
Rz. 3
Die Versicherungspflicht als Beschäftigter ist eine Kernfrage der gesamten Sozialversicherung und damit auch im Recht der Arbeitslosenversicherung. Versicherungspflichtig ist nach Abs. 1 Satz 1, wer gegen Arbeitsentgelt beschäftigt ist. Das auf Versäumnisurteilen beruhende Fortbestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses im Annahmeverzug ist kein Versicherungspflichtverhältnis nach dem Recht der Arbeitsförderung, wenn ein hinreichend dokumentierter Wille zur beiderseitigen Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht besteht und kein Lohn gezahlt wird (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 19.11.2015, L 9 AL 189/12).
Rz. 3a
Ist jemand Monat für Monat in erheblichem Umfang nur für einen Auftraggeber tätig, spricht der Umstand, dass er daneben auch noch für andere Auftraggeber tätig sein durfte, nicht für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.5.2021, L 11 BA 543/20).
Rz. 3b
Bei der zur Statusbeurteilung für die Feststellung von Versicherungspflicht erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls sind auch solche Umstände zu berücksichtigen, die einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften oder eine öffentlich-rechtliche Aufgabenwahrnehmung bedingt sind oder auf sonstige Weise "in der Natur der Sache" liegen. Insoweit besteht eine Indizwirkung gegen eine Beschäftigung und für eine selbständige Tätigkeit, wenn bei Verrichtung der Tätigkeit eine Weisungsfreiheit verbleibt, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichnet (BSG, Urteil v. 27.4.2021, B 12 R 16/19 R).
Rz. 3c
Der Beruf einer (sport-)psychologischen Beraterin gehört zu den maßgeblich durch persönliche Zuwendung und die individuellen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen des Dienstleisters geprägten Tätigkeiten, die grundsätzlich sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden können (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 28.1.2022, L 4 BA 4153/19). Auf den Willen der Vertragsparteien kommt es nur dann entscheidend an, wenn die übrigen tatsächlichen Umstände in etwa gleichermaßen für eine Selbstständigkeit oder für eine Beschäftigung sprechen.
Liegt das vereinbarte Honorar deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Erziehungshelfer) und lässt es dadurch Eigenvorsorge zu, stellt dies ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar, wenn im Übrigen der Sachverhalt dem Grenzbereich zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbständigen Tätigkeit zuzurechnen ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.3.2023, L 2 BA 38/21).
Rz. 4
Die Beschäftigung wird in § 7 SGB IV definiert als nichtselbständige Beschäftigung insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, also freiwillige Arbeit aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen neben der persönlichen Abhängigkeit in Bezug auf Ort, Zeit und Dauer der Arbeitsausführung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Mit Letzterem ist der Betrieb gemeint. Während einer Qualifizierungsmaßnahme ist der Teilnehmer nicht versicherungspflichtig beschäftigt, auch wenn der Maßnahmeträger berechtigt ist, dem Teilnehmer eine angemessene Tätigkeit zur Erlangung von Berufserfahrung zuzuweisen (BSG, Urteil v. 29.1.2008, B 7/7a AL 70/06 R). Im entschiedenen Fall wurde die Maßnahme aus dem Europäischen Sozialfonds und durch den Sozialhilfeträger gefördert. Der Teilnehmer ist nicht in die Arbeitsorganisation des Maßnahmeträgers eingegliedert. Den Charakter des Vertragsverhältnisses habe der Aus- und Weiterbildungszweck geprägt. Der Teilnehmer war nicht im Rahmen des Betriebszwecks des Maßnahmeträgers tätig, Qualifizierung und Ausbildung zu vermitteln. Die tatsächliche Zahlung von Entgelt gehört nicht zu den wesentlichen Merkmalen eines Beschäftigungsverhältnisses, aber zu einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Arbeitsförderungsrecht.
Das fehlende Unternehmerrisiko ist dann kein gewichtiger, gegen die Selbständigkeit sprechender Anhaltspunkt, wenn in der Gesamtschau die weitgehende Weisungsfreiheit sowie die nicht in einem relevanten Maß, d. h. die Tätigkeit prägenden Weise vorhandene Eingliederung in die Arbeitsorganisation, sondern vielmehr die unternehmertypische Selbstorganisation der Leistungserbringung prägend und bestimmend für das Gesamtbild der Tätigkeit sind (LSG Sachsen, Urteil v. 22.5.2023, L 9 BA 22/18).
Rz. 4a
Eine längstens für einen Monat als fortbestehend geltende Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt liegt nicht vor, wenn die entgeltlose Zeit keine versicherungspflichtige Beschäftigung unterbricht, sondern sich am Ende eines Arbeitsverhältnisses findet (BSG, Urteil v. 3.11.2021, B 11 AL 8/20 R). Zwar setzt eine ein Versicherungspflichtverhältnis begründende Beschäftigung nicht zwingend eine tatsächliche Arbeitsleistung voraus. Insoweit wurd...