Rz. 20
Durch das 5. SGB III-Änderungsgesetz ist in Absatz 2 Satz 2 auch eine Förderung der zweiten Ausbildung ermöglicht worden. Voraussetzung hierfür ist, dass wenn zu erwarten ist, dass eine berufliche Eingliederung dauerhaft auf andere Weise nicht erreicht werden kann und durch die zweite Ausbildung die berufliche Eingliederung erreicht wird”. Damit wurde für junge Menschen, die bereits einen Berufsabschluss haben, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens 2 Jahren erforderlich ist, künftig in Ausnahmefällen die Möglichkeit der Förderung einer zweiten Ausbildung geschaffen. Hintergrund dieser Regelung ist, dass eine Vielzahl von jungen Menschen eine zweite Ausbildung absolviert hat. Nach Erkenntnissen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit haben 34 % der 1971 Geborenen bereits im Alter von 27 Jahren zwei oder mehrere berufliche Ausbildungen abgeschlossen. Rd. 16 % der arbeitslosen Jugendlichen, die bereits über einen dualen Abschluss verfügen, haben eine erneute berufliche Ausbildung als Weg aus der Arbeitslosigkeit gewählt (Stellungnahme des IAB im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Ausschuss-Drs. 16(11)980).
Rz. 21
Eine zweite Ausbildung liegt nur dann vor, wenn bereits ein Berufsabschluss in einem nach dem BBiG, der HandWO, dem Seearbeitsgesetz oder nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften anerkannten Beruf erworben wurde, für den die Ausbildungszeit mit mindestens zwei Jahren festgesetzt ist. Unerheblich ist, ob es sich bei der ersten Ausbildung um eine Ausbildung im Sinne von § 57 Abs. 1 oder um eine sonstige Berufsausbildung (z. B. in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, an Berufs-, Fach- oder Fachhochschulen) handelt (vgl. auch BSG, Urteil v. 29.1.2008, B 7/7a AL 68/06 R). Eine Förderung dritter oder weiterer Berufsausbildungen ist nicht möglich. Bei der zu fördernden Ausbildung muss es sich um eine Ausbildung im Sinne von § 57 Abs. 1 handeln. Eine abgebrochene Ausbildung stellt keine vorherige Erstausbildung dar (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 21.8.2014, L 7 AS 1663/13 B und L 7 AS 1182/13 B ER).
Rz. 22
Bei der Prüfung der Frage, ob die berufliche Eingliederung dauerhaft auf andere Weise nicht erreicht werden kann, ist der Vorrang der Vermittlung zu beachten. Es ist daher insbesondere zu prüfen, ob eine Eingliederung überregional möglich ist oder ob das Ziel der Integration durch andere Leistungen der aktiven Arbeitsmarktförderung erreicht werden kann. Maßstab ist hierbei das allgemeine Berufsbild und nicht der konkret angestrebte Arbeitsplatz (Sächs. LSG, Urteil v. 11.10.2012, L 3 AL 63/11). Lediglich in Ausnahmefällen, in denen im erlernten Beruf keinerlei Perspektiven für eine dauerhafte Eingliederung bestehen, kommt eine Förderung einer Zweitausbildung nach § 60 Abs. 2 Satz 2 in Betracht. Es muss zu erwarten sein, dass erst die Zweitausbildung zur beruflichen Eingliederung führt (vgl. BR-Drs. 167/08, Begründung S. 9 zu § 60). Die Prognoseentscheidung muss zu dem Ergebnis führen, dass mit dem Abschluss der Zweitausbildung die berufliche Eingliederung des Antragstellers erreicht wird. Wenn es dem Antragsteller nicht gelungen ist, unmittelbar nach dem Abschluss seiner Erstausbildung eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu finden, so ist allein dadurch eine negative Vermittlungsprognose nicht belegt. Hat der Antragsteller eine Ausbildung zum Assistenten für Wirtschaftsinformatik erfolgreich abgeschlossen, so besteht kein Anspruch auf eine weitere Ausbildung zum Fachinformatiker (LSG Hamburg, Urteil v. 5.4.2017, L 2 AL 62/16).
Rz. 22a
Die Entscheidung über die Förderung der zweiten Ausbildung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Agentur für Arbeit (allg. Meinung, vgl. Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 57 Rz. 17; Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 57 Rz. 7 und 60). Wird als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben die Zahlung von Berufsausbildungsbeihilfe für eine Zweitausbildung nach § 57 Abs. 2 Satz 2 begehrt, so setzt ein Leistungsanspruch auf Bewilligung nicht nur die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen voraus, sondern auch, dass für die Erbringung bei der im Ermessen des Leistungsträgers stehenden Leistung zusätzlich eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist (Bay. LSG, Urteil v. 25.10.2017, L 10 AL 196/16).