Rz. 10
Regelungsgegenstände der Leistungsvereinbarung sind Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen. Leistungsträger und Leistungserbringer haben einvernehmlich festzulegen, welche konkreten Leistungen zu erbringen sind. Hierbei sind die Teilbereiche des Leistungsrechts der Eingliederungshilfe zu identifizieren, die der Leistungserbringer bedient. Die Leistungen müssen bedarfsgerecht sein und die Besonderheiten des Einzelfalls (leistungsgerecht) berücksichtigen (vgl. Komm. zu § 123).
Durch die Strukturreform der Eingliederungshilfe mit ihrem personenzentrierten Ansatz und der differenzierten Bedarfsermittlung (im Teilhabe-/Gesamtplanverfahren, vgl. Komm. zu § 123) ist im Vergleich zur geltenden Rechtslage eine exaktere Ausdifferenzierung der Leistungsmerkmale erforderlich. Die Entscheidung für die Systematik der Finanzierung nach Leistungspauschalen widerspricht insofern dem Individualisierungsgrundsatz der Strukturreform der Eingliederungshilfe (vgl. Komm. zu § 123), da dieses System der Leistungsspektren auf Durchschnittswerte für die Vergütung hinausläuft und das System der internen Querfinanzierung beim Leistungserbringer bestehen bleibt (so auch Rosenow, RP Reha 4/2016 S. 20, 25). Dem kann nur durch eine gesteigert differenzierte und konkretisierte Leistungsvereinbarung entgegengewirkt werden. Ein hoher Abstraktionsgrad der Festlegung von Leistungsmerkmalen, die sich vom tatsächlichen Leistungsgeschehen zu weit entfernt, ist somit nicht tragbar.
Der Fokus der Regelungen sollte nicht auf Art und Ausmaß von Behinderungen abstellen, sondern vielmehr auf Art und Umfang der benötigten Leistungen in typischen Fällen (schon zum geltenden Recht: Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 76 Rz. 6). Dieser Ansatz korrespondiert mit dem individuellen Bedarfsermittlungsverfahren, dass für die Eingliederungshilfe zwingend auf das Lebenslagenmodell der ICF (Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) abstellt (vgl. § 118 Abs. 1).
Abs. 1 Satz 1 legt fest, was in die Leistungsvereinbarung als wesentliche Leistungsmerkmale mindestens aufzunehmen ist:
- der zu betreuende Personenkreis,
- die erforderliche sächliche Ausstattung,
- Art, Umfang, Ziel und Qualität der Leistungen der Eingliederungshilfe,
- die Festlegung der personellen Ausstattung,
- die Qualifikation des Personals sowie
- soweit erforderlich, die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers.
Rz. 11
Der Reihenfolge der in Abs. 2 aufgezählten Mindestinhalte soll keine Wertung des Gesetzgebers über die Bedeutung der Mindestinhalte im Verhältnis zueinander haben; zur besseren Übersichtlichkeit für den Rechtsanwender werden die einzelnen Mindestinhalte erstmals in Listenform aus dem bisherigen Recht (§ 75 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i. d. F. bis 31.12.2019) weitgehend identisch übertragen (vgl. Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 301). Allerdings kommt der Vereinbarung über Art und Ziel der vom Leistungserbringer zu erbringenden Leistungen ein faktischer Vorrang zu, da sich nur von dieser Festlegung ausgehend beurteilen lässt, welche Anlagen betriebsnotwendig sind und welche sachliche und personelle Ausstattung erforderlich ist bis hin zur Qualifikation des Personals (vgl. Freudenberg, in: Jung, SGB XII, § 76 Rz. 8).
Darüber hinaus können die Vertragsparteien auch weitere Leistungsmerkmale aufnehmen ("insbesondere"). Es muss sich aber um Leistungsmerkmale der Fachleistungen der Eingliederungshilfe handeln. Andere Regelungsbereiche sind ausgeschlossen und können nicht von den Vertragsparteien geregelt werden. So können Vereinbarungen von Maßstäben und Verfahren der Prüfung der Leistungserbringer, die bislang Gegenstand der im neuen Recht mit der gesetzlichen Regelung in § 128 fortgefallenen Prüfungsvereinbarung (§ 76 Abs. 3 Satz 1 SGB XII i. d. F. bis zum 31.12.2019) waren (vgl. Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 76 Rz. 112), nicht über die Generalklausel des Abs. 2 Gegenstand einer Vereinbarung werden.
Zusätzlich können sich aus anderen Rechtsbereichen Gründe für vertragliche Abreden ergeben. Dies dürfte insbesondere aus der Notwendigkeit der Wahrung des Sozialdatenschutzes beim Informationsaustausch zwischen Trägern der Eingliederungshilfe und Leistungserbringer resultieren (vgl. insbesondere Pflichten aus § 78 SGB X; vgl. auch § 38 Abs. 1 Nr. 5 SGB IX i. d. F. des Art. 1 BTHG)
Der zu betreuende Personenkreis (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) ist differenziert zu beschreiben, insbesondere wenn der Leistungserbringer Angebote für unterschiedliche Personenkreise offeriert (vgl. Freudenberg, in: Jung, SGB XII, § 76 Rz. 14a). Bei einem großen Leistungserbringer sind an die Beschreibung der Leistungsmerkmale regelmäßig höhere Anforderungen zu stellen als bei einer kleineren homogeneren Einrichtung (vgl. Neumann, in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 76 Rz. 4; Flint, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 76 Rz. 7).
Da die Leistungsvereinbarung kalkulatorische Grundlage für die Vergütungsabrede ist, bedarf es differenzierter un...