Rz. 11
Die Beteiligung von anderen Rehabilitationsträgern nach § 15 Abs. 1 kann ausschließlich von dem Rehabilitationsträger angewandt werden, der nach § 14 letztendlich zuständig ist. Das kann der erst-, zweit- oder drittangegangene Rehabilitationsträger i. S. d. § 14 sein. Dieser Rehabilitationsträger wird als zuständiger oder auch als "leistender" Rehabilitationsträger bezeichnet.
Trotz der dem Grunde nach eindeutigen Zuständigkeit i. S. d. § 14 kann es vorkommen, dass der nach § 14 zuständige Rehabilitationsträger während der Antragsbearbeitung feststellt, für bestimmte (Teil-)Leistungen nicht zuständig zu sein. § 15 Abs. 1 eröffnet ihm die Möglichkeit, den Antrag in (mindestens) zwei Teile zu splitten. Dieses wird in der Praxis auch als Antragssplitting – teilweise auch als Antragssplittung –bezeichnet. Als Folge dieses Antragssplittings hat der beteiligte Rehabilitationsträger –auch als Splittingsadressat bezeichnet – die Verpflichtung, bezogen auf den "abgespaltenen" Leistungsantrag innerhalb bestimmter Fristen (vgl. Rz. 36) zu entscheiden.
Ein Antragssplitting i. S. d. § 15 Abs. 1 kommt nur dann in Betracht, wenn der nach § 14 zuständige Rehabilitationsträger feststellt, dass sein Leistungsspektrum möglicherweise nicht ausreicht, um den konkreten, rehabilitationsträgerübergreifenden Rehabilitations- bzw. Teilhabebedarf zu befriedigen. § 15 Abs. 1 definiert dabei als Leistungsspektrum die Teilhabeleistungen aus den Leistungsgruppen des § 5, die vom jeweiligen Rehabilitationsträger gemäß § 6 abgedeckt werden können. Beispielsweise sind das bei den Krankenkassen neben unterhaltssichernden und sonstigen Leistungen lediglich die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, bei den Trägern der Rentenversicherung neben unterhaltssichernden und sonstigen Leistungen nur die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Erschwerend kommt hinzu, dass ein Antragssplitting nach dem Wortlaut der Vorschrift nur möglich ist, wenn die noch fehlenden Leistungen zur Abdeckung des Teilhabebedarfs nur aus Leistungsgruppen (§ 5) rekrutiert werden können, für die der nach § 14 zuständige Rehabilitationsträger von vornherein i. S. d. § 6 Abs. 1 SGB IX nicht zuständig sein kann (vgl. auch SG München, rechtskräftiges Urteil v. 30.4.2021, S 46 SO 543/19). Wenn also die Krankenkasse einen mobil eingeschränkten Versicherten mit einem Rollstuhl (= Leistungen zur medizinischen Rehabilitation) zu versorgen hat und erkennt, dass zur Erreichung des Arbeitsplatzes mithilfe des Rollstuhls auf dem Firmengelände wegen einer kleinen Treppe eine Rampe notwendig wird (= Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsplatz), kann die Krankenkasse den Antrag splitten. Erkennt aber eine Krankenkasse, dass bei einem Antrag auf "Medizinische Rehabilitation für Mütter und Väter" (§ 41 SGB V) anstatt dieser Leistung wegen drohender Erwerbsminderung eine nach § 40 Abs. 4 SGB V vorrangige medizinische Rehabilitationsleistung des Rentenversicherungsträgers in Betracht kommt, kann kein Antragssplitting erfolgen, weil beide Leistungen der Leistungsgruppe "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" zuzuordnen sind. Eine Beteiligung ist dann nur nach § 15 Abs. 2 (vgl. Rz. 20 ff.) möglich.
Zur Verdeutlichung dienen das Beispiel unter Rz. 7 und die beiden Beispiele unter Rz. 18.
Rz. 12
Die Beurteilung, ob eine konkrete Teilhabeleistung den eigenen oder aber fremden Leistungsgruppen i. S. d. § 5 i. V. m. § 6 zuzuordnen ist, erfolgt nach ihrer Zielsetzung. Somit kann eine KFZ-Hilfe
- den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (zwecks Erreichung des Arbeitsplatzes) oder
- den Leistungen zur Bildung (bei einem Studenten zwecks Erreichung des Universitätsgebäudes) oder
- den Leistungen zur sozialen Teilhabe (zwecks Teilnahme am Leben in der Gesellschaft)
zugeordnet werden.
Eine Krankenkasse, die gemäß § 5 i. V. m. § 6 nur für die Leistungsgruppe "Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" zuständig ist, kann z. B. bei zusätzlich notwendigen Leistungen aus der anderen Leistungsgruppe "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" gemäß § 15 Abs. 1 die Bundesagentur für Arbeit (BA) beteiligen. Verwaltungstechnisch könnte sie somit den Antrag zwischen der "Hauptleistung" und den "zusätzlichen Leistungen" teilen (= splitten). Wäre allerdings statt der Krankenkasse der Träger der Eingliederungshilfe oder der Unfallversicherungsträger der nach § 14 zuständige Rehabilitationsträger, blieben diesen Trägern die Anwendung des § 15 Abs. 1 und damit auch eine Antragssplittung verwehrt. Der Grund: Sowohl das Leistungsspektrum des Trägers der Eingliederungshilfe als auch das des Unfallversicherungsträgers umfasst alle maßgebenden Leistungsgruppen i. S. d. § 5 – also auch z. B. die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Rz. 13
Das Antragssplitting kann nach dem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen v. 20.2.2023 (L 2 R 37/22) im Übrigen nicht eingeleitet werden, wenn es sich – wie z. B. bei einem berufsbedingt höherwertigen Hörgerät – nur um eine Leistung (...