Rz. 29
Bezüglich der grundsätzlichen Abgrenzung des Erstattungsanspruchs zwischen § 16 SGB IX und § 104 SGB X wird auf Rz. 23 verwiesen.
§ 104 SGB X regelt den Erstattungsanspruch des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers und ist nur dann anzuwenden, wenn weder § 102 noch § 103 SGB X greifen (§ 106 SGB X) und § 16 SGB IX ebenfalls keine Anwendung findet.
Die Vorschrift des § 104 SGB X ist z. B. anzuwenden, wenn ein Rehabilitationsträger in Bejahung seiner Zuständigkeit trotz sorgfältiger Prüfung seiner Zuständigkeit Teilhabeleistungen erbracht hat und sich später herausstellt, dass der Sachverhalt ein anderer als angenommen war (BSG, Urteile v. 17.2.2010, B 1 KR 23/09 R, und v. 13.9.2011, B 1 KR 25/10 R, und v. 26.6.2007, B 1 KR 34/06 R). Sinngemäß äußerte sich das BSG mit Urteilen v. 28.11.2007, B 11a AL 29/06, v. 2.11.2010, B 1 KR 9/10 R, und v. 13.9.2011, B 1 KR 25/10 R.
Rz. 30
Ein Erstattungsanspruch des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 104 SGB X ist z. B. denkbar,
- wenn der Versicherte bei der Stellung des Antrages auf Teilhabeleistungen falsche Angaben gemacht hat oder
- wenn sich trotz sorgfältiger Prüfung der Zuständigkeit nachträglich herausstellt, dass die angenommene Sachlage eine andere ist. Voraussetzung allerdings ist hier, dass dem erstangegangenen Rehabilitationsträger kein schuldhaftes Handeln bei der Bearbeitung des Antrags auf die Teilhabeleistung unterlaufen ist.
Auf dem Antragsformular zur Durchführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation hat der Versicherte versehentlich angekreuzt, dass er bei dem Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Altersrente gestellt hat. Die Krankenkasse als erstangegangener Rehabilitationsträger kam deshalb zu Recht zu dem Entschluss, dass ein vorrangiger Anspruch auf Rehabilitationsleistungen zulasten der Rentenversicherung gemäß § 40 Abs. 4 SGB V i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht besteht und bewilligte die beantragte Leistung. Durch Zufall erfährt die Krankenkasse nach Durchführung der Rehabilitationsleistung, dass der Versicherte lediglich einen Antrag auf Altersrente stellen wollte, dieses aber noch nicht getan hat.
Folge:
Aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen hat die Krankenkasse die beantragte Rehabilitationsleistung zurecht bewilligt. Ihr ist kein Verschulden bzw. keine Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Da es sich lediglich um ein Feststellungsverfahren ohne zusätzliches Ereignis (kein Antrags- oder Bewilligungsereignis) handelt, ist nicht § 103 SGB X, sondern § 104 SGB IX anzuwenden.
Der Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X hat nicht den kostendeckenden Ausgleichsanspruch wie § 16 SGB IX. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich vielmehr nach dem Recht des erstattenden Leistungsträger (§ 104 Abs. 3 SGB X). Somit hat der zuständige Rehabilitationsträger nicht mehr zu erstatten, als er von vorneherein im Erstattungszeitraum an Leistungen (einschließlich ergänzender Leistungen wie Entgeltersatzleistungen, Fahr-/Transportkosten etc.) hätte aufbringen müssen. Zuzahlungen des Versicherten etc., die nur bei dem erstattungsverpflichtenden Rehabilitationsträger angefallen wären, mindern den Erstattungsanspruch.