2.1 Leistungen für Wohnraum (Abs. 1)
Rz. 3
Nach Abs. 1 Satz 1 werden Leistungen für Wohnraum erbracht, um Leistungsberechtigten zu Wohnraum zu verhelfen, der zur Führung eines möglichst selbstbestimmten Lebens geeignet ist. Die Vorschrift ist weit auszulegen, da die Wohnung als soziales Grundbedürfnis menschlicher Existenz darstellen. Leistungen nach § 77 kommen für schwerbehinderte Menschen i. S. v. § 2 in Betracht. Dies sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate hindern können. Menschen i. S. v. § 2 Abs. 1 Satz 3, die von Behinderung bedroht sind, weil bei ihnen eine Beeinträchtigung zu erwarten ist, unterfallen nicht der Vorschrift. Leistungen können nach § 22 Abs. 2 SchwbAV als Zuschüsse, Zinszuschüsse oder Darlehen erbracht werden.
Rz. 4
Die Leistungen nach Abs. 1 Satz 2 umfassen Leistungen für die Beschaffung, den Umbau, die Ausstattung und die Erhaltung von Wohnraum. Voraussetzung ist, dass es sich dabei um Wohnraum handelt, der den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen entspricht. Unter Satz 2 fallen Beratung und Unterstützung bei der Suche nach einer geeigneten Wohnung, aber auch Verbesserungen beim Zugang zur Wohnung und der behinderungsgerechte Umbau. Auch Umzugskosten können erstattet werden, wenn nur durch einen Umzug der wohnspezifische Bedarf des behinderten Menschen hinreichend abgebildet werden kann.
Rz. 5
Förderungsfähig sind z. B. der Einbau eines Fahrstuhls, einer Rollstuhlrampe oder der behindertengerechte Umbau der Sanitäranlagen. Die Errichtung einer Garage bzw. eines Stellplatzes für einen Elektrorollstuhl unterfällt nicht § 77 (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 30.8.2012, L 9 SO 452/11). Der Begriff "Ausstattung" umfasst nicht nur den festen Einbau behindertengerechter Gegenstände, wie z. B. Küchen, Toiletten, Duschen oder Badewannen, sondern auch die Beschaffung von geeigneten, nicht fest verbauten Einrichtungsgegenständen, wie z. B. Möbeln (Kittel, SGB IX, § 55 Rz. 13; Joussen, in: HK-SGB IX, § 55 Rz. 16).
Rz. 6
Leistungen können gewährt werden für Wohnraum, der den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen entspricht. Der Gesetzgeber hat hier einen subjektiven Bedürftigkeitsbegriff verendet. Dieser geht über den "Bedarf" hinaus, als auch die persönlichen Vorstellungen und Wünsche des behinderten Menschen verstärkt Berücksichtigung finden müssen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 30.8.2012, L 9 SO 452/11). Allerdings steht die Gewährung von Leistungen nach Abs. 1 unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit und Notwendigkeit. Die begehrte Maßnahme ist darauf zu überprüfen, ob sie zur Erreichung des Zwecks der Wohnungshilfen, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern, geeignet und erforderlich ist (LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.).
2.2 Erstattung von Aufwendungen (Abs. 2)
Rz. 7
Aufwendungen für Wohnraum oberhalb der Angemessenheitsgrenze nach § 42a SGB XII sind zu erstatten, soweit wegen des Umfangs von Assistenzleistungen ein gesteigerter Wohnbedarf besteht. Abs. 2 berücksichtigt, dass Menschen mit Behinderungen oftmals einen gesteigerten Wohnbedarf haben, z. B. für Assistenten, deren Anwesenheit rund um die Uhr notwendig ist. Hierbei handelt es sich nicht um einen Bedarf an Wohnraum, sondern um eine Fachleistung.