Rz. 3
Der ursprüngliche Text des Gesetzentwurfs der Bundesregierung in BT-Drs. 18/9522 wurde im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens neu gefasst, die ursprünglichen Abs. 5 und 6 wurden gestrichen (Beschlussempfehlung und Bericht des AuS-Ausschusses, BT-Drs. 18/10523, zu Art. 1 Buchst. s).
Die Änderung des § 98 im Gesetzgebungsverfahrens folgte der Tatsache, dass mit der Einstellung der Eingliederungshilfe in den Zweiten Teil des SGB IX die vorherige Gliederung nach ambulanter, teilstationärer und stationärer Leistung für Menschen mit Behinderungen im SGB XII aufgegeben worden ist.
Mit dem Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) v. 10.12.2019 (BGBl. I S. 2135) wurde ein neuer Abs. 5 angefügt.
2.1 Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten
Rz. 4
Die Regelung der Zuständigkeit richtet sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen und entspricht im Ergebnis weitestgehend der bis zum 31.12.2019 geltenden Regelung zur örtlichen Zuständigkeit im Zwölften Kapitel SGB XII (dort § 98). Dabei kommt es prinzipiell auf den gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 108 Abs. 1 oder in den 2 Monaten vor den Leistungen einer Betreuung über Tag und Nacht an. Leistungen der Eingliederungshilfe werden auf Antrag erbracht (§ 108 Abs. 1), es besteht also grundsätzlich ein Antragserfordernis.
Rz. 5
Eine Ausnahme besteht darin, dass ein (ausdrücklicher) Antrag für die Leistungen nicht erforderlich ist, deren Bedarf in dem Gesamtplanverfahren nach den §§ 117 ff. (Kapitel 7) festgestellt worden ist. Aufgabe des Gesamtplanverfahrens ist es, den individuellen Bedarf zu ermitteln (§ 117 Abs. 1 Nr. 4). Der Träger der Eingliederungshilfe ist in diesem Verfahren ausdrücklich verpflichtet, auf der Grundlage des Gesamtplans einen Verwaltungsakt (Bescheid) über die festgestellte Leistung zu erlassen (§ 120 Abs. 1). Soweit also in dem Gesamtplanverfahren ein Bedarf für die Leistungen der Eingliederungshilfe besteht, ist ein gesonderter Antrag nicht mehr erforderlich. Damit entfällt sowohl für den leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen als auch für den Träger der Eingliederungshilfe ein erheblicher Verwaltungsaufwand.
2.2 Zuständigkeit bei neu geborenen Kindern
Rz. 6
Der Gesetzentwurf sah in Abs. 3 eine Regelung der Zuständigkeit bei Kindern vor, die in einer Einrichtung i. S. v. § 1 Abs. 2 SGB I geboren wurden und Leistungen benötigen. Der Wortlaut wurde im Gesetzgebungsverfahren verändert, weil im Recht der Eingliederungshilfe im Teil 2 des SGB IX die Gliederung nach ambulanter, teilstationärer und stationärer Leistung für Menschen mit Behinderungen aufgegeben wurde und somit eine Bezugnahme auf eine "stationäre Einrichtung" nicht mehr erfolgen kann. An Stelle der bisherigen Bezugnahme ist nun der Leistungsbezug "über Tag und Nacht" eingefügt worden.
Wie auch bisher im SGB XII wird der gewöhnliche Aufenthalt eines neu geborenen Kindes an den gewöhnlichen Aufenthalt der Mutter angeknüpft.
2.3 Örtliche Zuständigkeit bei stationärem Aufenthalt oder richterlich angeordneter Freiheitsentziehung in einer Vollzugsanstalt (Abs. 4)
Rz. 7
Bei einem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung i. S. d. § 1 Abs. 2 SGB I oder einer Vollzugsanstalt gilt für die örtliche Zuständigkeit, dass der Träger örtlich zuständig ist, in dessen Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den letzten 2 Monaten vor der Aufnahme zuletzt hatte.
2.4 Weitere Änderungen im Gesetzgebungsverfahren
Rz. 8
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte vorgesehen, die Länder zu ermächtigen, abweichende Regelungen für die örtliche Zuständigkeit der Träger der Eingliederungshilfe des Landes zu erlassen (Abs. 5). Ferner war eine Übergangsregelung vorgesehen, nach der eine am 31.12.2019 nach dem bis dahin geltenden Recht der Eingliederungshilfe bestehende örtliche Zuständigkeit bis zur jeweiligen Beendigung des Hilfebedarfs bestehen bleibe.
Rz. 9
In dem Gesetzgebungsverfahren wurden diese Absätze aufgehoben (Abs. 5) bzw. gestrichen (Abs. 6). Die Aufhebung des Abs. 5 wurde damit begründet, das Recht der Länder in § 94 Abs. 1 Satz 1, die für die Durchführung dieses Teils zuständigen Träger zu bestimmen, beinhalte auch das Recht zur abweichenden Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit. Insofern bedürfe es keiner gesonderten Regelung. Die Streichung des Abs. 6 wurde damit begründet, dass die Länder ein Zuständigkeitsproblem selbst lösen könnten, weil sie die Einrichtung der Behörden jederzeit so regeln könnten, wie sie es für erforderlich hielten.
2.5 Regelung zur Überführung von Leistungsfällen am 31.12.2019 in das neue Recht (Abs. 5)
Rz. 10
Mit dem Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) v. 10.12.2019 (BGBl. I S. 2135) wurde Abs. 5 angefügt.
In seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung hatte der Bundesrat angemerkt, das Bundesteilhabegesetz sehe keine gesetzlichen Übergangsregelungen zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit beim Übergang vom SGB XII zum SGB IX am 1.1.2020 vor. Aus Gründen der Rechtssicherheit sei eine Übergangsregelung für die reibungslose Umstellung insbesondere der bestehenden Leistungsfälle auf das neue Leistungsrecht erfo...