Rz. 29
Die interdisziplinäre Früherkennung und Frühförderung (§ 46) ist nur für Kinder bis zum Schuleintritt bestimmt und wird in interdisziplinären Frühförderstellen und teils auch in Sozialpädiatrischen Zentren (§ 43a SGB V) erbracht. Interdisziplinäre Frühförderstellen sind familien- und wohnortnahe Dienste und Einrichtungen, die der Früherkennung, Behandlung und Förderung von Kindern dienen, um in interdisziplinärer Zusammenarbeit von qualifizierten medizinisch-therapeutischen und pädagogischen Fachkräften eine drohende oder bereits eingetretene Behinderung eines Kindes (z. B. Entwicklungsverzögerung) zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen und die (ggf. auch nur drohende) Behinderung durch gezielte Förder- und Behandlungsmaßnahmen auszugleichen, zu mildern oder zu vermeiden. Die Sozialpädiatrischen Zentren dienen der ambulanten Untersuchung und Behandlung von Kindern/Jugendlichen mit neurologischen, psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen, körperlichen Missbildungen, Epilepsie, Gewichtsstörungen und sonstigen behinderungsbedingten Teilhabestörungen und erfasst auch die Erkennung von Krankheiten.
Die Kosten der interdisziplinären Komplexleistung werden von mindestens 2 Rehabilitationsträgern anteilig finanziert (i. d. R. von den Krankenkassen und den Kommunen als Träger der Jugend-/Eingliederungshilfe; vgl. § 46 Abs. 3 und 4). Die (Verfahrens-)Zuständigkeit zwischen den beteiligten Rehabilitationsträgern wird i. d. R. durch separate Vereinbarungen geregelt. Dieses ist auch notwendig; denn ein Antrag kann entweder nur bei dem einen oder bei dem anderen Rehabilitationsträger gestellt werden. Viele Krankenkassen und Kommunen haben z. B. in dreiseitigen Verträgen geregelt, dass die Anträge auf Frühförderung in interdisziplinären Frühförderstellen (IFF) bei der Kommune zu stellen sind und der Leistungsanspruch allein von der Kommune beurteilt wird. Deshalb erlassen die Kommunen aufgrund der vertraglichen Regelungen sowohl im eigenen Namen als auch im Auftrag der zuständigen Krankenkasse den (gemeinsamen) Verwaltungsakt.
Als Rechtsgrundlage für diese vorrangig zu beachtende Zuständigkeitsvereinbarung kann § 16 Abs. 4 Satz 1 letzter HS herangezogen werden. Geht der Antrag auf interdisziplinäre Früherkennungs- und Frühförderungsleistungen bei der Krankenkasse ein (erstangegangener Rehabilitationsträger), hat diese den Antrag innerhalb der Fristen des § 14 an die zuständige Kommune weiterzuleiten, sofern durch Vertrag keine anderweitige Regelung getroffen wurde. Die Kommune wird dann zweitangegangener Träger.
Bei der interdisziplinären Frühförderung in Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) tragen die Krankenkassen den größten Teil der Kosten. Deshalb wurde z. B. in Hamburg vertraglich geregelt, dass Anträge auf die Frühförderung an die zuständige Krankenkasse zu senden sind. Diese prüft den Antrag sowohl im eigenen Namen als auch im Auftrag der Kommune und erlässt für beide Rehabilitationsträger einen gemeinsamen Verwaltungsakt. Geht der Antrag vorher bei der Kommune ein, hat diese den Antrag als erstangegangener Rehabilitationsträger an die Krankenkasse (= zweitangegangener Träger) weiterzuleiten.
Für die Rehabilitationsträger, die nicht vertraglich eingebunden sind, gelten die allgemeinen Bestimmungen des § 14.
Rz. 30
Bei
stehen sich die Leistungen der Kranken- und Rentenversicherung gleichrangig gegenüber (vgl. Komm. zu § 15a und § 31 SGB VI; vgl. auch LSG Hamburg, Urteil v. 22.2.2017, L 2 R 90/16).
Da bei diesen Leistungen das Vor- bzw. Nachrangverhältnis nach § 40 Abs. 4 SGB V nicht zu prüfen ist, ist nach geltender Rechtsauffassung der Träger leistungspflichtig, bei dem der Antrag zuerst eingegangen ist. § 14 Abs. 4 gilt somit grundsätzlich nicht; der zuerst angegangene Rehabilitationsträger ist automatisch zuständig (vgl. LSG Hamburg, Urteil v. 22.2.2017, a.a.O).
Allerdings gibt es hier eine Besonderheit: Kann der erstangegangene Rehabilitationsträger nicht zuständig sein, weil der Betroffene bei ihm eine Voraussetzung für den Leistungsanspruch nicht erfüllt (z. B. kein Versicherungsverhältnis, fehlende Wartezeit etc.), gilt § 14.
Rz. 31
Werden zielgenau Mutter-(Vater-)Kind-Leistungen nach § 41 SGB V beantragt und stellt die Krankenkasse fest, dass die Mutter-(Vater-)Kind-Leistungen die geeigneten Leistungen sind, um den kompletten Teilhabebedarf zu befriedigen, ist die Krankenkasse allein leistungspflichtiger Rehabilitationsträger. Eine Prüfung nach § 41 Abs. 2 i. V. m. § 40 Abs. 4 SGB V erübrigt sich i. d. R., da der Rentenversicherungsträger keine entsprechenden Leistungen kennt. Die Krankenkasse kann ohne weitere Zuständigkeitsprüfungen leisten.
Ist dagegen die Mutter-(Vater-)Kind-Leistung nicht allein das "Mittel der ersten Wahl", weil indikationsbezogen die Gefahr der Erwerbsminderung der Mutter (bzw. des Vaters) im Vordergrund der beantragten Leis...