Rz. 17
Abs. 2 Satz 2 beschreibt die Folgen der Nichtbeteiligung der Schwerbehindertenvertretung. Die Vorschrift bestimmt, dass Maßnahmen des Arbeitgebers, die die Interessen schwerbehinderter Menschen berühren und bei denen die Schwerbehindertenvertretung entgegen der Verpflichtung in Satz 1 weder unterrichtet noch angehört wurde, nicht durchgeführt oder vollzogen werden darf. Die Entscheidung des Arbeitgebers ist jedoch nicht unwirksam, sondern lediglich auszusetzen. Der Gesetzgeber hat sich im Hinblick auf daraus entstehende Auswirkungen auf Rechte Dritter und daraus entstehende Rechtsunsicherheiten zu einer Regelung, dass solche Maßnahmen unwirksam sein sollten, in der Vergangenheit nicht entschließen können.
Rz. 18
Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung als Wirksamkeitsvoraussetzung für eine personelle Maßnahme ist bei den Beratungen des Bundesteilhabegesetzes erörtert und zur Stärkung der Rechte der Schwerbehindertenvertretungen gefordert worden. Von Interessenvertretungen wurde die Einführung einer Unwirksamkeit einer Kündigung, einer Abmahnung sowie eines Aufhebungsvertrages ohne eine vorherige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gefordert.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales beschloss in seiner Sitzung am 30.11.2016, diese Rechtsfolge allein für eine Kündigung ohne vorherige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (BT-Drs. 18/10523). Dem stimmte der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung am 1.12.2016 und der Bundesrat in seiner Sitzung am 16.12.2016 zu.
Diese Regelung ist als Satz 3 in Abs. 2 aufgenommen worden und ist am 30.12.2016 in Kraft getreten. Die Regelung erhöht den Druck auf Arbeitgeber, die Schwerbehindertenvertretung in Kündigungsangelegenheiten zu beteiligen. Mit dieser Regelung ist aber kein Mitbestimmungsrecht der Schwerbehindertenvertretung eingetreten. Auch bei einer Beteiligung ist der Arbeitgeber künftig nicht an ein Votum gebunden.
Eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung als Wirksamkeitsvoraussetzung im Falle einer Abmahnung konnte auch im Hinblick auf Regelungen im Personalvertretungs- und im Betriebsverfassungsrecht nicht vorgesehen werden. So ist im Betriebsverfassungsrecht die Unwirksamkeit lediglich für den Fall einer ohne vorherige Anhörung des Betriebsrates ausgesprochenen Kündigung angeordnet (§ 102 Abs. 1 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, innerhalb von 7 Tagen die unterbliebene Unterrichtung und Anhörung nachzuholen, sodann endgültig zu entscheiden. Der Arbeitgeber ist also ausdrücklich verpflichtet, nach Ablauf der Frist eine erneute Entscheidung zu treffen. Er ist nicht befugt, nach Ablauf der Frist seine zunächst beabsichtigte Entscheidung zu vollziehen, er muss die Schwerbehindertenvertretung vielmehr, wie in Satz 1 vorgeschrieben, auch vor dieser Entscheidung hören.
Auch bei einem Aufhebungsvertrag ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen. Bei einem Aufhebungsvertrag zwischen einem Arbeitgeber und einem schwerbehinderten Beschäftigten handelt es sich nicht um eine (einseitige) arbeitgeberseitige Entscheidung. Nur bei einer Entscheidung des Arbeitgebers ist die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen (Satz 1), im Übrigen lediglich zu unterrichten (so auch BAG, Urteil v. 14.3.2012, 7 ABR 67/10).