2.2.1 Pflicht zur Zahlung
Rz. 6
Die Werkstätten sind verpflichtet, an die im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen aus dem erwirtschafteten Arbeitsergebnis ein Arbeitsentgelt zu zahlen. Mit der Verpflichtung der Werkstätten korrespondiert ein Rechtsanspruch der im Arbeitsbereich der Werkstätten beschäftigten Menschen auf ein leistungsangemessenes Arbeitsentgelt. Die Verpflichtung der Werkstätten besteht nur gegenüber den im Arbeitsbereich Beschäftigten, nicht gegenüber den an Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich teilnehmenden behinderten Menschen. Diese erhalten während der Maßnahmen kein Arbeitsentgelt, sondern Lohnersatzleistungen von den zuständigen Rehabilitationsträgern, soweit die Bundesagentur für Arbeit zuständig ist, i. d. R. Ausbildungsgeld (vgl. § 65 Abs. 5).
Die Vorschrift konkretisiert § 219 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, wonach die Werkstätten den dort beschäftigten behinderten Menschen eine Beschäftigung zu einem ihrer Leistung angemessenen Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsergebnis anzubieten haben.
2.2.2 Zusammensetzung
Rz. 7
Das Arbeitsentgelt setzt sich zusammen aus einem Grundbetrag und einem leistungsangemessenen Steigerungsbetrag. Die frühere Regelung in § 54b Schwerbehindertengesetz (SchwbG), die die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts als Soll-Vorschrift formulierte und die Zahlung eines Steigerungsbetrags im Übrigen unter den Vorbehalt gestellt hatte, dass das Arbeitsergebnis die Zahlung eines Steigerungsbetrages überhaupt zulasse, ist nicht übernommen worden. Dies könnte als redaktionelles Versehen des Gesetzgebers angesehen werden, betrachtet man die Begründung der Vorschrift im Gesetzentwurf zum SGB IX (BT-Drs. 14/5074 S. 115), in der formuliert ist, dass § 54b SchwbG inhaltsgleich übernommen worden sei. Der Gesetzgeber hatte die Vorgängervorschrift § 54b SchwbG hinsichtlich der Höhe des Grundbetrages als "Sollvorschrift" ausgestaltet und damit zum Ausdruck gebracht, dass ein Grundbetrag in dieser Höhe die Regel sein solle, die Zahlung eines Grundbetrages in geringerer Höhe nur bei Vorliegen eines Ausnahmefalles zulässig sein dürfte. Ein solcher Fall könnte etwa dann vorliegen, wenn das Arbeitsergebnis der Werkstätten für eine Zahlung des Mindestgrundbetrages an alle Beschäftigten insgesamt nicht ausreiche (hierzu auch BAG, Urteil v. 3.3.1999, 5 AZR 162/98).
Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass im Regelfall in allen Werkstätten ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Grundbetrages gezahlt werden kann. Dies zeigen auch die Durchschnittsentgelte in den Werkstätten, die jährlich im Zusammenhang mit der Statistik über die Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge dokumentiert werden. Die Möglichkeiten der Werkstätten zur Zahlung höherer Arbeitsentgelte an die Beschäftigten hat der Gesetzgeber im Übrigen durch die in § 58 getroffenen Regelungen zur Zahlung der Vergütungen durch die Rehabilitationsträger verbessert. Die Sollvorschrift ist damit inhaltlich ersetzt worden.
Rz. 8
Die Zahlung eines Grundbetrages in Höhe des Ausbildungsgeldes, das die Bundesagentur für Arbeit nach den für sie geltenden Vorschriften im Berufsbildungsbereich leistet, soll sicherstellen, dass die im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen kein geringeres Arbeitsentgelt erhalten als den Betrag, den die überwiegende Zahl der behinderten Menschen in der Zeit der Maßnahme im Berufsbildungsbereich erhalten hat.
Rz. 9
Die Höhe des Ausbildungsgeldes ergibt sich aus § 125 SGB III. Es betrug monatlich 125,00 DM in den alten und 105,00 DM in den neuen Ländern (Stand 1.7.2001). Aufgrund des Gesetzes zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung (AföRG) v. 19.3.2001 (BGBl. I S. 390) erhöhte es sich mit Wirkung zum 1.8.2001 auf monatlich 130,00 DM/67,00 EUR. Gleichzeitig werden die Maßgaben im SGB III für die neuen Bundesländer, also unterschiedliche Leistungssätze des Ausbildungsgeldes in den alten und in den neuen Bundesländern, aufgehoben (Art. 3 Nr. 62, Art. 68 Abs. 6 AföRG).
Im Rahmen des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (22. BAföGÄndG) v. 22.12.2007 (BGBl. I S. 3254) wurden die Bedarfssätze des Ausbildungsgeldes in Art. 17 des Gesetzes mit Wirkung zum 1.8.2008 (Art. 21 Abs. 2) erhöht. Die Bedarfssätze in § 125 SGB III sind von monatlich 57,00/67,00 EUR auf monatlich 62,00/73,00 EUR angestiegen. Infolgedessen ist auch der Grundbetrag des Arbeitsentgelts auf monatlich 73,00 EUR angestiegen.
Seit dem 1.8.2016 betrug das Ausbildungsgeld monatlich 67,00 EUR im ersten Jahr und 80,00 EUR im zweiten Jahr der Bildungsmaßnahme (25. Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes v. 23.12.2014). Der Grundbetrag des Arbeitsentgeltes betrug demnach seit dem 1.8.2016 monatlich 80,00 EUR.
Mit dem Gesetz zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes v. 8.7.2019 (BGBl. I S. 1025) wurde in § 125 SGB III das Ausbildungsgeld bei Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich in Werkstätten für behinderte Menschen und bei Maßnahmen anderer Leistungsan...