Rz. 31
Die Koordination der Teilhabeleistungen durch die Rehabilitationsträger
- zur Erfassung eines ggf. bestehenden Teilhabebedarfs,
- zur zügigen und wenn möglich nahtlosen Einleitung von Leistungen zur Teilhabe sowie
- zur Erreichung eines schnellen und dauerhaften Rehabilitationserfolgs
ist eines der wichtigsten Ziele des SGB IX. Deshalb verpflichtet bereits § 26 Abs. 1 die Rehabilitationsträger zur Sicherung der Zusammenarbeit in Form von Gemeinsamen Empfehlungen. Abs. 2 Nr. 5 legt dabei besonderen Wert auf die Koordination der Teilhabeleistungen – insbesondere in den Fällen, wenn mehrere Rehabilitationsträger Leistungen zu erbringen haben. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen dadurch
- die Leistungen bei Trägerwechsel "wie aus einer Hand" nahtlos zur Verfügung gestellt werden,
- Abgrenzungs- und Anwendungsfragen nicht zulasten des Rehabilitanden ausgetragen werden und
- die Leistungen beim Trägerwechsel nach Gegenstand, Umfang und Ausführung einheitlich sein, soweit sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt (§ 7 Abs. 1).
Rz. 32
Schwerpunkt der Koordination der Leistungen ist die Zuständigkeitsklärung nach den §§ 14 und 15 und das Teilhabeplanverfahren (§§ 19 ff.). Letzteres wird nur durch § 26 Abs. 2 Nr. 3 (Rz. 25 bis 27) tangiert. Abs. 2 Nr. 5 befasst sich dagegen aufgrund des Gesetzestextes nur mit der Koordination der Leistungen nach den §§ 14 und 15.
Zu erwähnen ist, dass die im SGB IX geregelten Verfahrensvorschriften – das sind die §§ 9 bis 24 – vorrangig vor allen anderen Vorschriften des SGB zu beachten sind, wenn ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe (§ 5 SGB IX) gestellt wird (§ 7 Abs. 2). § 14 SGB IX regelt, dass derjenige Rehabilitationsträger für die Antragsbearbeitung und dann im Verhältnis zum Leistungsberechtigten in den meisten Fällen auch für die Leistungsgewährung zuständig ist, der zuerst den Antrag auf Rehabilitations- bzw. Teilhabeleistungen erhält ("erstangegangener" Rehabilitationsträger). Fühlt er sich für keine der beantragten Leistungen zuständig, kann er den Antrag weiterleiten – und zwar binnen einer Frist von 14 Tagen nach Eingang des Antrags. Nur dann wird der vom "erstangegangenen" Rehabilitationsträger ausgewählte andere Rehabilitationsträger für die Entscheidung und ggf. Erbringung der beantragten Leistung zuständig (= "zweitangegangener" Rehabilitationsträger). Eine nochmalige Weiterleitung – nämlich dann, wenn sich der "zweitangegangene" Rehabilitationsträger auch nicht zuständig fühlt – ist nur ausnahmsweise und nur unter den strengen Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 zulässig.
Ergänzend wird in § 15 der Fall geregelt, in dem neben dem eigentlich leistenden Rehabilitationsträger für eine Teilleistung noch ein weiterer Rehabilitationsträger zuständig sein kann. In diesem Fall regelt § 15 die Beteiligung des anderen Rehabilitationsträgers zum Zweck der Leistungsentscheidung und ggf. der Leistungserbringung.
Rz. 33
Zur Erreichung einer gezielten, reibungslosen Koordination haben die Rehabilitationsträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie die Integrationsämter) die Gemeinsame Empfehlung "Reha-Prozess" erarbeitet (vgl. Rz. 5). Die Einzelheiten zur Koordinierung der Leistungen nach den §§ 14 und 15 regeln die §§ 19 bis 25 und 29 bis 31 der Gemeinsamen Empfehlung:
Zu § 14 SGB IX
- § 19 Antrag, Frist für die Zuständigkeitsklärung
- § 20 Prüfung der Zuständigkeit nach Antragstellung
- § 21 Zuständigkeitsklärung: Festlegung des leistenden Rehabilitationsträgers durch Fristablauf oder Weiterleitung
- § 22 Sonderfälle der Weiterleitung
- § 23 Besonderheit: Weiterleitung bei ungeklärter Behinderungsursache
- § 24 Besonderheit: "Turboklärung"
- § 25 Besonderheit: ergänzende Antragstellung bei Bedarf an nicht vom Antrag umfasste Leistungen
Zu § 15 SGB IX
Die Gemeinsame Empfehlung "Reha-Prozess" ist im Haufe SGB Office Professional enthalten (HI13046417); alternativ kann sie – inkl. Anlagen – direkt von der Website der BAR heruntergeladen werden.
Rz. 34
Die Gemeinsame Empfehlung "Reha-Prozess" ist die am meisten beachtete Gemeinsame Empfehlung, weil dem nicht rechtzeitig agierenden Rehabilitationsträger Sanktionen insofern drohen, als er zur Leistung verpflichtet wird, ohne später gegen den eigentlich zuständigen Träger einen Erstattungsanspruch geltend machen zu können. Die Rehabilitationsträger achten deshalb darauf, dass die zeitlichen Rahmen des anderen Rehabilitationsträgers zur Zuständigkeitsklärung (§ 14 SGB IX) und zur Einbindung anderer Rehabilitationsträger (§ 15 SGB IX) eingehalten werden. Letztendlich dient die Gemeinsame Empfehlung "Reha-Prozess" dem Leistungsberechtigten, weil im Verhältnis zu ihm innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit der dem Grunde nach leistungsverpflichtete bzw. den Verwaltungsakt erlassende Rehabilitationsträger bestimmt wird.