0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) zum 1.1.2018 in Kraft. Als Vorgängervorschrift diente in der Zeit vom 1.7.2001 bis zum 31.12.2017 § 13 SGB IX. Die heutige Vorschrift entspricht bis auf redaktionelle Anpassungen weit überwiegend dem damaligen § 13.
Zur Begründung des § 26 führte der Gesetzgeber (BT-Drs. 18/9522 S. 243 f.) aus:
Zitat
Der Gestaltungsauftrag an die Rehabilitationsträger zur Erarbeitung und Anwendung gemeinsamer Empfehlungen wird in der Nummer 3 an das neue Teilhabeplanverfahren und in Nummer 5 an die neuen Vorschriften zur Koordinierung der Leistungen angepasst. In der bisher nicht genutzten Nummer 7 werden die Rehabilitationsträger verpflichtet, gemeinsame Grundsätze für Instrumente der Bedarfsermittlung zu entwickeln. Im Übrigen entspricht die Regelung der bisherigen Rechtslage. Nummer 7 korrespondiert mit § 13 Absatz 1 Satz 2.
Nach Absatz 4 Satz 2 werden auch die Pflegekassen über den Spitzenverband Bund der Krankenkassen in den Geltungsbereich der gemeinsamen Empfehlungen einbezogen. Soweit die Mitwirkung und die Aufgaben der Pflegekassen von den gemeinsamen Empfehlungen berührt sind, entspricht deren Einbeziehung dem Ziel der besseren Verzahnung von Instrumenten und Verfahren zur Überwindung der Schnittstellen der Leistungsträger.
1 Allgemeines
Rz. 2
Ein zentrales Anliegen des Gesetzgebers im Bereich von Rehabilitation und Teilhabe ist die Koordinierung der Leistungen und die Kooperation der Rehabilitationsträger. Ein wichtiges Instrument zur Erreichung dieses Ziels ist die Verpflichtung der Rehabilitationsträger (mit Ausnahme der Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe), Gemeinsame Empfehlungen über diejenigen Fragen zu vereinbaren, die für eine reibungslose und koordinierte Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger untereinander von besonderer Bedeutung sind.
Den organisatorischen Rahmen für die notwendigen Vorbereitungs- und Abstimmungsprozesse der Rehabilitationsträger und der sonstigen Beteiligten bildet die BAR. Sie erhält von den Rehabilitationsträgern jährliche/zweijährliche Berichte über die Erfahrungen mit den Gemeinsamen Empfehlungen, die sie dem Bund und den Ländern zur Verfügung stellt.
§ 26 bildet die Grundlage für die Vereinbarung von rehabilitationsträgerübergreifenden Standards bei der Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs, der Koordinierung von Leistungen zur Teilhabe, der Vermeidung einer Chronifizierung von Erkrankungen, der Förderung von Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen sowie der Abgrenzung beim Zusammentreffen von mehreren gleichzeitigen oder hintereinander folgenden Teilhabeleistungen unterschiedlicher Rehabilitationsträger.
Rz. 3
Die Vorschrift verfolgt als Ziel die Sicherstellung einer bedarfsorientierten, frühzeitig einsetzenden und bei einem Trägerwechsel nahtlos ineinandergreifenden sowie umfassenden Leistungsgewährung durch die sachlich zuständigen Rehabilitationsträger. Ziel ist, durch Gemeinsame Empfehlungen möglichst schnell eine weitgehend aktive Teilhabe des Betroffenen zu erreichen bzw. die aktive Teilhabe möglichst lange und so umfangreich wie möglich zu erhalten.
Unter aktiver Teilhabe ist u. a.
- die Eigenversorgung (z. B. Essen zubereiten),
- die selbstbestimmte Teilnahme am Leben in der Gesellschaft/Gemeinschaft bzw.
- – sofern der Betroffene Lernender oder Berufstätiger ist – die Teilnahme am Schul- bzw. Arbeitsleben
zu verstehen. Als Vergleich dient die selbstbestimmte Teilhabe eines gesunden Menschen. Gesund ist, wer ein Leben ohne behinderungsbedingte Barrieren – also ohne sich auf das individuelle Alltagsleben auswirkende körperliche, geistige, seelische Fähigkeitsstörungen und ohne Sinnesbeeinträchtigungen – führen kann (vgl. Komm. zu § 2).
Ist die Teilhabe eingeschränkt oder droht sie eingeschränkt zu werden, sind Teilhabeleistungen i. S. d. §§ 42 ff., 49 ff., 75 und 76 ff. notwendig, wenn durch die Teilhabeleistungen eine Behinderung dadurch beseitigt bzw. vermindert wird oder der Eintritt einer Behinderung oder weiteren Behinderung zeitlich hinausgezögert werden kann.
Rz. 4
Dieses Sicherstellungsziel ist nach Ansicht des Gesetzgebers nur zu erreichen, wenn die Rehabilitationsträger von sich aus in Form einer "Selbstverwaltungslösung" entsprechende Verfahrensregelungen vereinbaren und diese dann in der Praxis umsetzen (BT-Drs. 16/13829 v. 17.7.2009, S. 49). Aus diesem Grund beauftragte der Gesetzgeber die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR), Frankfurt, als federführende Stelle zusammen mit den anderen Rehabilitationsträgern entsprechende sog. Gemeinsame Empfehlungen zu vereinbaren.
Rz. 5
Im Rahmen des § 26 bzw. der bis 31.12.2017 geltenden Vorgängervorschrift (§ 13) haben die Rehabilitationsträger unter Federführung der BAR bisher folgende Gemeinsame Empfehlungen vereinbart: