Rz. 26
Die Vorgängervorschrift des § 36, der damalige § 19, bestimmte in ihrem Abs. 2, dass die Teilhabeleistungen ambulant, stationär oder in betrieblicher Form erbracht werden können. Die Vorschrift unterstrich damit die Notwendigkeit der Flexibilisierung von Teilhabeleistungen bei der Versorgungsplanung. Mittlerweile haben sich ambulante Rehabilitationsleistungen und auch die Wechsel zwischen stationären und ambulanten Rehabilitationsformen etabliert (letzteres insbesondere bei der Entwöhnung von Abhängigkeitserkrankten). Auch die in die Rehabilitation eingebauten Praxisphasen haben sich bewährt und sind bei entsprechender Klientel fester Bestandteil von Rehabilitationsplänen. Deshalb hielt es der Gesetzgeber nicht mehr für erforderlich, in § 36 ausdrücklich auf die unterschiedlichen Rehabilitationsformen hinzuweisen. Im Übrigen wird bezüglich der betrieblichen Rehabilitationsform bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Rz. 30 verwiesen.
Die ambulante Rehabilitation wird im allgemeinen Sprachgebrauch auch als teilstationäre Rehabilitation bezeichnet. Sie unterscheidet sich von einem stationären Aufenthalt dadurch, dass der Patient nicht "rund um die Uhr" betreut wird. Er sucht die wohnortnahe Rehabilitationseinrichtung nur während der Therapiezeiten auf und verbringt die Abenden und Wochenenden zu Hause. Merkmal für diese Rehabilitationsform ist die fehlende Unterkunft in der Rehabilitationseinrichtung.
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass die Therapiezeit bei einer ambulanten Rehabilitation wie eine teilstationäre Rehabilitation mindestens 4 Stunden je Therapietag dauert.
Rz. 27
Der Entfall der Übernachtungskosten zieht das tägliche Pendeln des Rehabilitanden zwischen Wohnort und ambulanter Rehabilitationseinrichtung nach sich. Damit entstehen zusätzliche Fahrkosten/Transportkosten bzw. Aufwendungen für den täglichen Hol- und Bringservice. Im Gegensatz zur stationären hat die ambulante Rehabilitationsform dagegen z. B. den Vorteil, dass der Rehabilitand
- täglich in sein häusliches Umfeld zurückkehrt und
- in seiner gewohnten Umwelt – also in seinem Alltag – Fortschritte bei seiner Teilhabe und möglicherweise noch bestehende Defizite erkennen kann.
Rz. 28
Die ambulante medizinische Rehabilitation ist vor allem bei orthopädischen Indikationen weit verbreitet. Voraussetzung für die Einleitung von ambulanten Rehabilitationsleistungen ist allerdings, dass der Rehabilitand ausreichend mobil und belastbar ist, um eigenständig den Weg zur Rehabilitationseinrichtung zurück zu legen oder den von der (medizinischen) Rehabilitationseinrichtung zur Verfügung gestellten Hol- und Bringservice zu nutzen.
Im Übrigen ist eine medizinische ambulante Rehabilitation nur dann sinnvoll, wenn die zurück zu legende Fahrstrecke zur ambulanten Rehabilitation für die Hin- und für die Rückfahrt jeweils ca. 45 Minuten (je Einzelfahrt) nicht übersteigt.
Trotz dieser täglichen Fahrkosten fallen bei ambulanten medizinischen Rehabilitationsleistungen i. d. R. weniger Kosten als bei der stationären Rehabilitation an (Grund: Für Wochenenden, an denen keine Therapie stattfindet, ist kein Therapiesatz zu zahlen).
Rz. 29
Wenn z. B. bei einer geplanten medizinischen Rehabilitationsleistung die Versorgung einer alleinstehenden Witwe wegen erheblicher Mobilisationsstörungen für die Zeit vor oder nach dem Aufenthalt in der Rehabilitationseinrichtung – also in der rehabilitationsfreien Zeit – nicht sichergestellt werden kann, scheidet zwangsläufig eine ambulante Rehabilitation aus; es ist dann eine stationäre Versorgungsform notwendig. Das schließt einen späteren Wechsel von der stationären in die ambulante Versorgung nicht aus, wenn die notwendige Eigenversorgung zu Hause gesichert ist.
Bei der Abwägung zwischen stationärer und ambulanter/teilstationärer Rehabilitationsform sind im jeweiligen Einzelfall auch die persönlichen Lebenshintergründe (Kontextfaktoren) des Rehabilitanden zu berücksichtigen. Der herrschende Wirtschaftlichkeitsgrundsatz (z. B. § 69 SGB IV und § 12 SGB V) findet da seine Grenzen, wo (neben den medizinischen) die persönlichen Lebensumstände des Rehabilitanden eine ambulante Rehabilitation nicht erlauben.
Rz. 30
Betriebliche Teilhabeformen erstrecken sich insbesondere auf die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Zu ihnen zählen Hilfen, die in Betrieben etc. oder in Werkstätten für Behinderte erbracht werden. Zu ihnen gehören auch
Hilfen
- an ausgelagerten Arbeitsplätzen und -gruppen,
- in virtuellen Werkstätten,
- im ausgelagerten Berufsbildungsbereich,
- im betrieblichen Förder- und Betreuungsbereich,
- in Tagesstätten für psychisch kranke Menschen,
- zur unterstützenden Beschäftigung,
- Integrationsprojekte,
- die Arbeitsassistenz durch Fachkräfte für die berufliche Integration.