Rz. 3
Nach dem Urteil des BSG v. 31.10.2012 (B 13 R 10/12 R) betrifft § 69 einen Sonderfall der Berechnung der unter Rz. 2 aufgeführten Entgeltersatzleistungen. Danach wird – falls keine rehabilitationsträgerspezifischen Vorschriften greifen und keine offenbare Unrichtigkeit bei der Berechnung der Vor-Entgeltersatzleistung vorliegt oder zu vermuten ist – auf eine erneute Ermittlung und Feststellung der "Bemessungsgrundlage" verzichtet.
Nach dem Urteil wird der Betroffene davor geschützt, dass der nachfolgenden Leistung wegen eingeschränkter Gesundheit ein geringeres Arbeitsentgelt zugrunde gelegt wird. Zugleich trägt § 69 zur Verwaltungsvereinfachung bei den beteiligten Trägern bei. Denn es bedarf im Regelfall nur noch einer Anfrage und einer Auskunft des jetzt für die aktuelle Entgeltersatzleistung zuständigen Trägers über den für die Vor-Entgeltersatzleistung zugrunde gelegten Bemessungszeitraum und das darin erzielte Arbeitsentgelt. Dem nunmehr zuständigen Rehabilitationsträger bleibt erspart, das relevante Arbeitsentgelt durch neue Arbeitgeberauskünfte neu zu bestimmen.
Ähnlich begründet das BSG seine Auffassung in einem anderen Rechtsstreit – und zwar mit Urteil v. 13.11.2012 (B 2 U 26/11 R).
Letztendlich bewirkt die Kontinuitätsregelung lediglich, dass z. B. für die Berechnung des Übergangsgeldes der gleiche zeitliche Bemessungszeitraum (Entgeltabrechnungszeitraum), der für die unmittelbar vorhergehende Sozialleistung (z. B. Krankengeld) maßgebend war, zugrunde gelegt wird. Wegen der meist identischen Entgelteigenschaft ist das Regelentgelt der neuen und vorherigen Sozialleistung deshalb in der Mehrzahl der Fälle gleich hoch – und zwar mit der Folge, dass der neue Träger das vom bisherigen Träger errechnete Regelentgelt einfach übernehmen kann. Allerdings bleiben rehabilitationsträgerspezifische Besonderheiten auch bei Anwendung des § 69 weiterhin gültig: Die Entgelteigenschaft (z. B. Sonntags- oder Nachtarbeitszuschläge in der Unfallversicherung – § 1 Abs. 2 SvEV), die Berücksichtigung von Einmalzahlungen, die unterschiedlichen Höchstregelentgelte und die individuellen Berechnungsschritte der jeweiligen Entgeltersatzleistungen richten sich immer streng nach dem rehabilitationsträgerspezifischen Recht.
§ 69 ist nur für beschäftigte Arbeitnehmer anzuwenden, die
- wegen einer Arbeitsunfähigkeit oder einer medizinischen Leistung zur Rehabilitation (in der gesetzlichen Rentenversicherung auch Leistungen zur Prävention nach § 14 SGB VI oder zur onkologischen Nachsorge nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) Kranken-, Verletzten-, Versorgungskranken- oder Übergangsgeld beanspruchen können und unmittelbar vorher bereits eine dieser Leistungen bezogen haben oder
- wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (auch Leistungen im Eingangsverfahren/Berufsbildungsbereich nach § 57 SGB IX bzw. § 60 SGB IX) Übergangsgeld beanspruchen können und unmittelbar vorher Kranken-, Verletzten-, Versorgungskranken- oder Übergangsgeld bezogen haben.
Entscheidend ist der vorherige Bezug einer dieser Vor-Entgeltersatzleistungen. Dieses ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzestextes. Bezüglich der Auswirkungen von Vor-Entgeltersatzleistungen, die im vollen Umfang ruhten oder wegen des Erreichens der Höchstanspruchsdauer nicht ununterbrochen gezahlt wurden, wird auf die Komm. zu Rz. 4 verwiesen.
Besonderheit: Krankengeld
Bei der Berechnung des Krankengeldes ist § 69 anzuwenden, wenn die Arbeitsunfähigkeit während einer medizinischen Rehabilitationsleistung eintritt, wegen der Verletzten-, Versorgungskranken- oder Übergangsgeld bezogen wurde (z. B. bei Eintritt einer interkurrenten Erkrankung; vgl. Komm. zu § 13 Abs. 4). Hierbei ist die für die Krankenversicherung gültige Beitragsbemessungsgrenze zu beachten (vgl. Pkt. 3.1.4 des GR v. 18./19.06.2019 zum Krankengeld nach § 44 SGB V und zum Verletztengeld nach § 45 SGB VII).
Wurde dagegen wegen einer Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bezogen und wurde der Krankengeldbezug durch den Bezug von Übergangsgeld z. B. aufgrund einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation des Rentenversicherungsträgers unterbrochen, ändert sich an dem Bemessungszeitraum und dem zugrunde gelegten Arbeitsentgelt für den wieder auflebenden Krankengeldbezug nichts. Es erfolgt dann keine Neuberechnung des Krankengeldes und damit auch keine Anwendung des § 69.
Bezieht ein Rehabilitand wegen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld und erkrankt er, ist für die Ermittlung der Krankengeldhöhe § 69 nicht anzuwenden. Teilnehmende an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind nämlich dem Personenkreis der Nicht-Arbeitnehmenden zuzurechnen. Das gilt unabhängig davon, ob Krankengeld für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit während der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder im Anschluss an eine planmäßig oder unplanmäßig beendete Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu zahlen ist (vgl. BSG, Urteil v. 5.5.2009, B 1 KR 16/08 R; vgl. auch Pkt. 3.2.2.4 des GR v. 18./19.06.2019 zum Krankengeld nach § 44 SGB V