Rz. 1
Die Vorschrift trat aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) zum 1.1.2018 in Kraft.
Als Vorgängervorschrift diente in der Zeit vom 1.7.2001 bis zum 31.12.2017 § 8, der bis auf mehrere vorgenommenen Präzisierungen und Aufgabenausweitungen inhaltlich dem heutigen § 9 entspricht. Aufgrund der Gesetzesbegründung zum BTHG (BT-Drs. 18/9522 S. 229) wird die bisherige Regelung (§ 8) durch einen klarstellenden Auftrag zur Beteiligung von weiteren Rehabilitationsträgern im Rahmen der Koordinierung der Leistungen nach den §§ 14 bis 24 ergänzt, wenn mehrere Zuständigkeiten für Leistungen zur Teilhabe gegeben sein können. Im Einzelnen heißt es in der Gesetzesbegründung zu der Eingangsvorschrift des Kapitels 2, Teil 1 (Einleiten der Rehabilitation von Amts wegen), auf S. 229:
Zu Kapitel 2 (Einleitung der Rehabilitation von Amts wegen):
In einem "aktivierenden Sozialstaat", in dem die Erlangung und der Erhalt der Erwerbsfähigkeit im Vordergrund stehen, kommt der frühzeitigen Einleitung des Rehabilitationsverfahrens eine entscheidende Bedeutung zu. Zur Verwirklichung dieser Zielsetzung werden in Kapitel 2 die Verpflichtungen der Rehabilitationsträger, der Jobcenter und der Pflegekassen geregelt, die nicht antragsgebunden sind und mit der Prüfung von Ansprüchen auf Sozialleistungen, auch solcher, die nicht der Rehabilitation zuzurechnen sind, stets einhergehen. Mit der Einleitung der Rehabilitation von Amts wegen wird die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe von Amts wegen nicht gleichgesetzt. Stattdessen sind in Kapitel 2 vorbereitende Prüfungspflichten geregelt, die einem Antrag auf Leistungen und der Leistungsgewährung vorausgehen.
Zu § 9 führt die Gesetzesbegründung auf S. 229 f. Folgendes aus:
Zu § 9 (Vorrangige Prüfung von Leistungen zur Teilhabe)
Die bisherige Regelung in § 8 zum Vorrang von Leistungen zur Teilhabe wird in § 9 Abs. 1 ergänzt durch einen klarstellenden Auftrag zur Beteiligung von weiteren Rehabilitationsträgern im Rahmen der Koordinierung der Leistungen nach Kapitel 4, wenn mehrere Zuständigkeiten für Leistungen zur Teilhabe in Betracht kommen. Die Prüfungspflicht nach Absatz 1 ersetzt nicht die Antragstellung, jedoch greift bei einem möglichen Teilhabebedarf die Hinwirkungspflicht nach § 12 ein, mit der die Antragstellung unterstützt wird.
Abs. 2 entspricht der bisherigen Rechtslage.
Nach Abs. 3 Satz 2 werden die Aufgaben der Pflegekassen und der Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ klarstellend in Bezug genommen. Sofern sich zunächst bei den Pflegekassen im Rahmen einer Prüfung der Pflegebedürftigkeit nach § 18 Abs. 6 SGB XI Hinweise auf einen Bedarf auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ergeben, gilt für die Pflegekassen schon nach bestehender Rechtslage die besondere Hinwirkungspflicht auf eine Antragstellung nach § 18a SGB XI und § 31 SGB XI. Im Fall der Einwilligung der Leistungsberechtigten gilt der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 31 Abs. 3 Satz 3 SGB XI als gestellt, wenn die Pflegekasse eine entsprechende Mitteilung an den zuständigen Rehabilitationsträger weiterleitet. Wird auf diesem Weg ein Antragsverfahren auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation eingeleitet, hat der zuständige Rehabilitationsträger nach § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB XI zudem die Pflicht, die Pflegekasse über die Leistungsentscheidung zu informieren.
Nach Abs. 4 wird den Jobcentern eine wichtige originäre Aufgabe zur Verwirklichung des Vorrangs von Leistungen zur Teilhabe zugewiesen, da die Verpflichtung zur umfassenden Prüfung von möglichen Rehabilitationsbedarfen mangels Kenntnis über die bei den Jobcentern auftretenden Bedarfslagen der Antragsteller nicht vollumfänglich durch die Bundesagentur für Arbeit nach § 6 Abs. 3 wahrgenommen werden kann. Die Jobcenter müssen daher zeitgleich mit der Bearbeitung eines Antrages auf Arbeitslosengeld II auch prüfen, ob Rehabilitationsbedarfe in Betracht kommen. Soweit die Bundesagentur für Arbeit Aufgaben als Rehabilitationsträger erfüllt, liegt die Prüfverpflichtung auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende unverändert bei ihr.