rechtskräftig: ja
Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinterbliebene. Schiffahrt. Betriebsbann. anspruchsbegründende Tatsachen. Kausalität Beweis
Leitsatz (amtlich)
1. Der in der Schiffahrt geltende Grundsatz des Betriebsbann führt dazu, die anspruchsbegründenden Tatsachen als erwiesen zu betrachten, wenn nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens für Konkurrenztatsachen keine vernünftig zu erwägenden Anhaltspunkte vorliegen.
2. Das gilt sinngemäß auch für die Feststellung der Kausalität. Nr. 30 EDV-Vorblatt LSG
Normenkette
SGB VII §§ 8, 10, 63
Verfahrensgang
SG Itzehoe (Urteil vom 24.10.2002; Aktenzeichen S 1 U 20/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Hinterbliebenenrente.
Die Kläger sind die Witwe und die drei Kinder des am … 1937 geborenen und durch Beschluss des Amtsgerichts Meldorf vom 8. September 2000 – Az.: 46 II 59/99 – zum 27. September 2000, 24:00 Uhr für tot erklärten Claus S. (nachfolgend: S.). Dieser war zuletzt Kapitän der der Reederei Hamburg-Südamerikanische Dampfschiffahrtsgesellschaft E. & A. gehörenden „CAP POLONIO”, eines 29.390 BRT großen, 200,23 m langen und 32,20 m breiten Containerschiffs mit 21 Besatzungsmitgliedern unterschiedlicher Nationalität.
Am 26./27. September 1999 befand sich das Schiff auf der Überfahrt von Nordbrasilien nach Rotterdam. Es war mit 1500 Containern verschiedenen Inhalts sowie einigen Leercontainern beladen. Zwischen dem 26. September 1999, 18:00 Uhr und dem 27. September 1999, 11:30 Uhr befuhr es den Weg von der Biskaya vor Nordspanien bis zum Westausgang des englischen Kanals zwischen Ushant und Guernsey. Seither fehlt von S. jede Spur.
Ausweislich des von der Beklagten veranlassten amtlichen Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes vom 3. Dezember 1999 wurde die Schiffsroute in der Zeit vom 26. September 1999, 18:00 Uhr bis zum 27. September 1999, 0:00 Uhr von West nach Ost von einer Kaltfront überquert. Vor dieser wehte ein Südwestwind mit 5 Bft mittlerer Stärke. Mit der Passage der Front drehte der Wind auf Westsüdwest bis West und frischte auf mittlere Stärken von 7 bis 8, in Böen 9 Bft auf. Auf der Rückseite der Front (am 27. September 1999, 6:00 Ortszeit) flaute der Wind auf eine mittlere Stärke von 6 bis 7, in Böen 8 bis 9 Bft ab. Sechs Stunden später hatten bei mittleren Windstärken von 5 bis 6 Bft auch die Böen auf 7 bis 8 Bft abgenommen. Vor der Kaltfront betrugen die Wellenhöhen der Windsee 2 m mit Perioden um 5 s. Gleichzeitig lief aus Westsüdwest eine 1,5–2 m hohe Dünung mit Perioden von 7–8 s. Hinter der Kaltfront stiegen die Wellenhöhen der Windsee auf 3 bis 3,5 m und Perioden um 7 Sek. an. Die weiterhin aus Westsüdwest laufende Dünung erreichte Höhen um 3 m bei Perioden um 10 s.
Die Schiffsbewegungen werden in den Logbucheintragungen für den 26./27. September 1999, 16:00 bis 4:00 Uhr mit „Vessel is rolling and pitching easily” und für den 27. September 1999, 8:00 bis 12:00 Uhr mit „Vessel is rolling moderately in swell from port side” beschrieben.
In dem Eingangs- und Ermittlungsbericht des LKA Hamburg vom 29. September 1999 ist die Vernehmung des Reederei-Mitarbeiters D. wie folgt wiedergegeben: „Herrn D. ist nicht bekannt, dass Herr S. unter ernsthaften Erkrankungen litt. Ca. am 22.09.1999 hatte der Kapitän jedoch ggü. seinem 1. Offizier angegeben, dass er unter starken Kreislaufstörungen leidet und in Rotterdam evtl. einen Arzt aufsuchen will”.
Nach den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wurde S. zuletzt am 26. September 1999 gegen 18:00 Uhr vom Schiffskoch in der Arbeitsmesse gesehen. In der Nacht zum 27. September 1999 wurde von dem Matrosen T. während des Wachgangs festgestellt, dass die Tür zur Kapitänskajüte offen stand und darin Licht brannte. Am 27. September 1999 um 9:30 Uhr fand der Steward das Bett des S. unbenutzt vor. Beides erschien zunächst nicht auffällig, weil es häufiger vorkam, dass S. nachts Bordabrechnungen erledigte. Zwischen 11:00 Uhr und 11:30 Uhr wurde S. sowohl von dem 1. Offizier G., als auch von dem 1. Ingenieur H. gesucht. Nachdem die Suche erfolglos verlaufen war, wurde zweimal Generalalarm ausgelöst und das gesamte Schiff anhand der Deckspläne gründlich durchsucht. Dabei wurde kein Raum ausgelassen. Die Suche blieb jedoch erfolglos. Gefunden wurde lediglich eine Salzkristallanhaftungen aufweisende Brille des S., welche an dem im Heckbereich ca. 8 m von der seitlichen Außenbordbandwand und ca. 5,5 m vom Heck entfernt gelegenen Außenpool auf dem 2. Aufbaudeck lag. Die Bordkasse mit Inhalt (10.000 USD und 10.000 DM) und ein Umschlag mit Geld befanden sich noch an ihrem Platz im Safe bzw. in der Schreibtischschublade. Medikamente aus der Bordapotheke fehlten ebenfalls nicht. Die Schränke waren sauber und ordentlich. Auf dem Schreibtisch des S. lagen geöffnete Unterlagen für di...