Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. versicherte Kinder iS des § 33 Abs. 2 S. 3 SGB 11
Orientierungssatz
Unter § 33 Abs 2 S 3 SGB 11 fallen nicht nur familienversicherte sondern auch freiwillig versicherte Kinder.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung in der Zeit vom 24. April 2002 bis 23. Mai 2005.
Der ...2000 geborene Kläger leidet seit seinem 4. Lebensmonat an einer tuberösen Hirnsklerose, einer symptomatisch fokalen Epilepsie sowie einer psychomotorischen Retardierung. Der Kläger ist seit seiner Geburt bei der Beklagten freiwillig kranken- und pflegeversichert. Seine Mutter ist bei der Beklagten kranken- und pflegepflichtversichert, und sein Vater war bis 1985 ebenfalls bei der Beklagten pflichtversichert. Seitdem ist er wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze privat kranken- und pflegeversichert.
Am 24. April 2002 beantragte der Vater des Klägers bei der Beklagten Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 30. April 2002 mit der Begründung ab, der Kläger habe die erforderliche Vorversicherungszeit von fünf Jahren innerhalb der letzten zehn Jahre nicht erfüllt. Zwar würde die Vorversicherungszeit bei einem Kind als erfüllt gelten, wenn ein Elternteil diese erfülle. Allerdings sei dafür Voraussetzung, dass das Kind familienversichert sei. Das sei aber bei dem Kläger nicht der Fall, weil sein Vater mit einem Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze nicht gesetzlich versichert sei. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, es habe für ihn keine Möglichkeit bestanden, sich anders zu versichern. Bei Versicherungsbeginn hätte er darauf hingewiesen werden müssen, dass er in den ersten fünf Jahren keine Pflegeleistungen erhalten würde, auch wenn er Beiträge zahle. Es hätte dann eine andere Lösung gesucht werden müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2002 wies die Beklagte diesen Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der Aufklärungs- und Beratungspflicht des Versicherungsträgers seien Grenzen gesetzt. Ohne eine ausdrückliche Anfrage bestehe keine Verpflichtung, Belehrungen und Ratschläge zu erteilen.
Dagegen hat der Kläger am 25. Juli 2002 Klage bei dem Sozialgericht Schleswig erhoben und geltend gemacht, angesichts der Tatsache, dass alle Familienmitglieder des Klägers seit langem von der Beklagten versichert und betreut worden seien, habe die Beklagte bei In-Kraft-Treten der gesetzlichen Pflegeversicherung, spätestens aber bei Anmeldung der Kinder und insbesondere bei seiner - des Klägers - Anmeldung zur freiwilligen Pflegeversicherung ihn dahingehend beraten müssen, dass ein Ausscheiden aus der gesetzlichen Pflegeversicherung bei Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze vor dem Hintergrund der §§ 25 Abs. 3, 33 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) zu einem zeitweiligen Verlust des Versicherungsschutzes der gesetzlichen Pflegeversicherung der Kinder führe und die Kinder nur bei Beitritt des Vaters nach § 26a SGB XI oder Abschluss einer privaten Pflegeversicherung lückenlos im Pflegefall geschützt seien. Er - der Kläger - sei daher unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als wenn dieser Fehler nicht gemacht worden wäre. Ihm seien deshalb Pflegeleistungen zu gewähren. Unabhängig davon ergebe sich seine Leistungsberechtigung auch aus § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB XI. Die Beklagte verstehe unter versicherten Kindern im Sinne dieser Vorschrift unzutreffend nur familienversicherte Kinder. Sie weise zwar zunächst noch zu Recht auf den Solidargedanken hin, wonach von Geburt oder frühem Kindesalter an pflegebedürftige Kinder, die die geforderten Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 SGB XI nicht erfüllen könnten, vom Versicherungsschutz miterfasst werden sollten. Aus diesem Grunde sei die Regelung auch auf versicherte Kinder anzuwenden, die nur deshalb nicht familienversichert seien, weil für sie eine eigene Mitgliedschaft herzustellen sei. Andere Pflegeversicherungen, z. B. die DAK, ließen den Schutz der Pflegeversicherung auch den versicherten Kindern zukommen, die nicht nach § 25 SGB XI familienversichert sein könnten.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 21. Mai 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 24. April 2002 Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung zu gewähren.
Die Beklagte hat sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat nach einem Erörterungstermin am 13. November 2003 zahlreiche den Kläger betreffende ärztliche Befundunterlagen beigezogen und ein Gutachten von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. P-B vom 26. Januar 2005 zum Hilfebedarf des Klägers eingeholt. Nach entsprechender Einverständniserklärung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Urteil vom ...