OFD Erfurt, Verfügung v. 18.9.1998, S 2242 A - 08 - St 324
Schuldzinsen für betriebliche Verbindlichkeiten, die bis zur Beendigung der gewerblichen Tätigkeit (Betriebsveräußerung, Mitunternehmeranteilsveräußerung oder Betriebsaufgabe) durch Veräußerungserlös bzw. durch Verwertung zurückbehaltener aktiver Wirtschaftsgüter nicht getilgt werden konnten, können nachträgliche Betriebsausgaben nach §§ 4 Abs. 4, 24 Nr. 2 EStG sein.
Voraussetzung für das Vorliegen nachträglicher Betriebsausgaben ist, daß die nicht getilgten Verbindlichkeiten während des Bestehens des Betriebs begründet wurden und nicht als Folge der Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe entstanden sind.
Hat der Stpfl. aber die für betriebliche Zwecke aufgenommenen Verbindlichkeiten nach Aufgabe seines Betriebs nicht getilgt, obwohl ihm hierfür ausreichende Mittel aus der Abwicklung des Betriebsvermögens zur Verfügung gestanden hätten, kann er die auf diese Verbindlichkeiten entfallenden Schuldzinsen nicht als nachträgliche Betriebsausgaben abziehen. Die betriebliche Veranlassung der Zinszahlungen ist insoweit zu verneinen ( BFH-Urteil vom 13.2.1996, VIII R 18/92, BStBl 1996 II S. 291).
Zur Ermittlung der abzugsfähigen Schuldzinsen wird davon ausgegangen, daß die zurückbehaltenen Aktivwerte voll zur Schuldentilgung verwandt worden wären.
Eine subjektive Umwidmung in Werbungskosten bei einer anderen Einkunftsart ist grundsätzlich nicht möglich (BFH-Urteil vom 12.11.1997, XI R 98/92, BStBl 1998 II S. 144).
Von diesem Grundsatz ist auch auszugehen, wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft Zinsen für Verbindlichkeiten des Sonderbetriebsvermögens bezahlt. Verwendet der Gesellschafter die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens nach Beendigung seiner Mitunternehmerstellung nicht zur Tilgung der mit diesem Vermögen wirtschaftlich zusammenhängenden Verbindlichkeiten, so ist er so zu behandeln, als ob er die zurückbehaltenen Aktivwerte zur Schuldentilgung verwendet hätte.
Zahlt jedoch ein Gesellschafter Zinsen für fortbestehende Verbindlichkeiten der Gesellschaft, so muß er sich nicht entgegenhalten lassen, daß er die Aktivwerte seines Sonderbetriebsvermögens zur Tilgung dieser Verbindlichkeiten hätte einsetzen können (vgl. BFH vom 13.2.1996, VIII R 18/92, a.a.O.).
Soweit Auszahlungs-, Verwertungs- oder Rückzahlungshindernisse hinsichtlich der früheren Betriebsschulden bestehen, sind die entsprechenden Schuldzinsen bis zum Wegfall dieser Hindernisse als nachträgliche Betriebsausgaben (§§ 4 Abs. 4, 24 Nr. 2 EStG) abzugsfähig (BFH-Urteil vom 27.11.1984, VIII R 2/81, BStBl 1985 II S. 323).
Beispiel:
K. stellte den Geschäftsbetrieb seines Einzelhandelsgeschäfts zum 31.12.1995 ein. Er veräußerte das gesamte Umlaufvermögen sowie das Anlagevermögen mit Ausnahme seines Geschäftsgrundstücks. Dieses überführte er unter Aufdeckung der stillen Reserven ins Privatvermögen und vermietete es an eine Einzelhandelskette. Den Veräußerungserlös verwendete K vollständig zur Tilgung seiner betrieblichen Verbindlichkeiten. Gleichwohl blieb ein Schuldüberhang von 50.000 DM bestehen. Hierbei handelt es sich um den Restbetrag aus einem umgeschuldeten Kontokorrentkredit. 1996 fielen dafür 4.000 DM Schuldzinsen an. Die in 1996 bezahlten Schuldzinsen machte K in seiner ESt-Erklärung 1996 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Lösung:
Die Schuldzinsen sind ab 1996 nicht als nachträgliche Betriebsausgaben des Einzelhandelsgeschäfts abzugsfähig, da dem K bei Verwertung des Betriebsgrundstücks ausreichende Mittel zur Rückführung des Kredits zur Verfügung gestanden hätten.
Entsprechend dem BFH-Urteil vom 12.11.1997 (; a.a.O.) kommt auch eine Berücksichtigung der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht in Betracht. Denn die Schuldaufnahme erfolgte nicht zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern aus betrieblichen Zwecken des Einzelunternehmens.
Dem Werbungskostenabzug für die Schuldzinsen stünde nur dann nichts im Weg, wenn die Schuldaufnahme nachweislich aus dem Erwerb des Grundstücks bzw. der Herstellung des Gebäudes herrührten, denn die Verkündung zwischen Grundstück und Verbindlichkeit geht bei der Überführung von Betriebsvermögen ins Privatvermögen und der damit zwangsläufigen Änderung der Einkunftsart nicht verloren (BFH-Beschluß vom 4.7.1990, GrS 2-3/88, BStBl 1990 II S. 817).
Normenkette
EStG § 24 Nr. 2