Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungsgeld. nahtloser Anschluss an Elterngeld. Verkürzung des Elterngeldzeitraums durch Verzicht auf Partnermonate. kein vorgezogener Beginn des Betreuungsgelds. Europarecht. Anspruch von Grenzgängern und deren Familienangehörigen auf Elterngeld und Betreuungsgeld. soziale Sicherheit. Wanderarbeitnehmer

 

Orientierungssatz

1. Ein nahtloser Anschluss des Betreuungsgelds an den Bezug von Elterngeld ist dann nicht möglich, wenn die Eltern die ihnen an sich zustehenden Elterngeldmonate (einschließlich möglicher Partnermonate) nicht ausgeschöpft haben und deshalb (hier für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes) noch Elterngeldansprüche erwerben können.

2. Nach dem Recht der europäischen Gemeinschaften gehören auch Grenzgänger im Sinne der EGV 883/2004 und deren Familienangehörige zu den elterngeld- und betreuungsgeldberechtigten Personen, auch wenn sie im BEEG nicht ausdrücklich als Bezugsberechtigte genannt sind.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des am 00.00.0000 geborenen Kindes in Höhe von insgesamt 200,00 EUR.

Die Klägerin ist verheiratet und Mutter des am 00.00.0000 geborenen (dritten) Kindes G ... Sie ist deutsche Staatsangehörige und wohnt seit 2007 in Belgien. Sie war vor der Geburt des Kindes in Deutschland in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt. Die Klägerin erhielt - unter Anrechnung des bis 02.06.2013 gezahlten Mutterschaftsgeldes - Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes, wie sie es beantragt und als Bezugsmonate festgelegt hatte, also vom 07.04.2013 bis 06.04.2014. Der Vater, ebenfalls deutscher Staatsangehöriger und in Belgien wohnend, beantragte kein Elterngeld; er arbeitet in Deutschland und war im maximalen Elterngeldbezugszeitraum vom ersten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes voll erwerbstätig.

Am 27.02.2014 beantragte die Klägerin Betreuungsgeld für den 13. bis 34. Lebensmonat des Kindes. Sie gab an, dass Kind lebe in ihrem Haushalt und werde von ihr erzogen; das im Kalenderjahr vor der Geburt zu versteuernde Einkommen der Eltern habe 500.000,00 EUR nicht überschritten; für den Betreuungsgeldantragszeitraum nehme sie für das Kind in Nordrhein-Westfalen keine öffentlich geförderte Tagesbetreuung in Anspruch, wohl aber - voraussichtlich ab September 2014 - in F./Belgien. Zur Begründung, dass das Betreuungsgeld bereits ab dem 13. Lebensmonat des Kindes beantragt wurde, verwies die Klägerin auf § 4d Abs. 1 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG); danach werde Betreuungsgeld auch vor dem 15. Lebensmonat gewährt, wenn die Eltern die Monatsbeträge des Elterngeldes, die ihnen nach § 4 Abs. 2 und 3 BEEG zustehen, bereits bezogen haben. Dies treffe auf die Eltern von G. zu, da die Monatsbeträge bereits mit dem Monat April 2014 abschließend bezogen worden seien. Da dem Vater im Hinblick auf seine volle Erwerbstätigkeit kein Elterngeld zugestanden habe, ein Elternteil aber maximal für zwölf Monate Elterngeld beziehen könne, stünden beiden Elternteilen nur zwölf Monate Elterngeld zu. Ein Verzicht auf Partnermonate sei nicht erfolgt, da dieser einen Anspruch voraussetze. Auch nach der Gesetzesbegründung sei ein Betreuungsgeldanspruch bereits ab dem 13. Lebensmonat nicht ausgeschlossen.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin mit, G. werde ab September durch das Regionalzentrum für Kleinkinderbetreuung (RZKB) in Belgien betreut.

Durch Bescheid vom 30.04.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin Betreuungsgeld für den 15. bis 17. Lebensmonat des Kindes G., und zwar für den 15. Lebensmonat (07.06. bis 06.07.2014) in Höhe von 100,00 EUR, für den 16. Lebensmonat (07.07. bis 06.08.2014) in Höhe von 109,68 EUR und für den 17. Lebensmonat (07.08. bis 06.09.2014) in Höhe von 150,00 EUR. Sie stellte fest, dass der Anspruch am 06.09.2014 ende, weil für das Kind eine öffentlich geförderte Kindertagesbetreuung in Anspruch genommen werde.

Am 08.05.2014 erhob die Klägerin u.a. gegen die Nichtbewilligung von Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes Widerspruch.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 03.07.2014 als unbegründet zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 30.09.2014 Klage - beschränkt auf die Gewährung von Betreuungsgeld für den 13. und 14. Lebensmonat des Kindes - erhoben. Sie ist der Auffassung, ihr und dem Vater des gemeinsamen Kindes hätten gemeinsam keine vierzehn Monatsbeträge des Elterngeldes zugestanden, da sie die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt hätten. Denn der Vater habe zu jedem Zeitpunkt eine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt. Die Klägerin folgert daraus, dass beiden Elternteilen insgesamt nur zwölf Monate Elterngeld zugestanden hätten. Das Wort "zustehen" in § 4d Abs. 1 Satz 2 BEEG könne nicht so verstanden werden, dass die Elterngeldbeträge den Eltern "dem Grunde nach" zuste...

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