Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungsgeld. vor dem 1.8.2012 geborene Kinder. Leistungsausschluss. Stichtagsregelung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die Stichtagsregelung des § 27 Abs 3 S 1 BEEG, nach der Betreuungsgeld nicht für vor dem 1.8.2012 geborene Kinder gezahlt wird, verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG noch gegen die Schutzgebote aus Art 6 GG oder das Sozialstaatsgebot.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligte einander nicht zu erstatten.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Betreuungsgeld für ein vor dem 01.08.2012 geborenes Kind.
Der 00.00.0000 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland. Er ist der Vater des am 27.06.2012 geborenen Kindes B. Er lebt mit diesem und der Mutter des Kindes zusammen in einem Haushalt und betreut und erzieht das Kind. Die Eltern nehmen für das Kind keine öffentliche geförderte Tagesbetreuung in Anspruch. Sie gehen einer Erwerbstätigkeit in Deutschland nach; ihr gemeinsames zu versteuerndes Jahreseinkommen lag 2011 nicht über 500.000,00 EUR. Die Lebensgefährtin des Klägers und Mutter des Kindes B. bezog für dessen erste zwölf Lebensmonate Elterngeld.
Am 30.08.2013 beantragte der Kläger Betreuungsgeld für den 15. bis 36. Lebensmonat seines Kindes.
Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 02.09.2013 ab mit der Begründung, Betreuungsgeld werde nicht für vor dem 01.08.2012 geborene Kinder gezahlt; das zu betreuende Kind sei aber am 27.06.2012 geboren.
Dagegen legte der Kläger am 12.09.2013 Widerspruch ein. Er meinte, die in § 27 Abs. 3 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) enthaltene Stichtagsregelung sei verfassungswidrig.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 25.09.2013 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 25.10.2013 Klage erhoben. Er meint, die Stichtagsregelung verletzte ihn in seinem allgemeinen Gleichheitsrecht aus Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Das Geburtsdatum des Kindes rechtfertige für sich allein keine ungleiche Behandlung. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bereits entschieden, dass grundsätzlich Ungleichheiten durch einen Stichtag hinzunehmen seien, sofern die Einführung notwendig und die Wahl des Zeitpunktes vertretbar sei; vorliegend könne jedoch weder eine Notwendigkeit der Einführung noch die Wahl des Zeitpunktes nachvollzogen werden. Ziel des Betreuungsgeldes solle die Anerkennung der Eltern sein, die sich Zeit für die Kindererziehung nehmen; es solle eine Alternative zu der Inanspruchnahme eines öffentlich geförderten Betreuungsplatzes darstellen. Durch die Stichtagsregelung erfolge diese Anerkennung für Eltern, deren Kind vor dem Stichtag geboren worden ist, jedoch nicht. Zudem knüpfe der Stichtag an den Geburtstermin des Kindes an, auf den die Betroffenen keinen Einfluss nehmen könnten. Die Erwägungen, die das BVerfG zur Begründung der Verfassungsmäßigkeit der Stichtagsregelung beim Elterngeld herangezogen habe, seien auf die Stichtagsregelung beim Betreuungsgeld nicht übertragbar. Der Kläger meint, er werde ungleich behandelt, ohne dass eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung ersichtlich sei. Darüber hinaus sei auch noch eine Verletzung des Grundrechts aus Artikel 6 GG in Betracht zu ziehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.09.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2013 zu verurteilen, ihm Betreuungsgeld für die Betreuung seiner Tochter B. ab 27.08.2013 längstens bis zur Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes zu zahlen, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, ob § 27 Abs. 3 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes in der Fassung des Artikel 1 Nr. 17 Buchstabe b) des Gesetzes zur Einführung eines Betreuungsgeldes vom 15.02.2013 (BGBl. I S. 254) gegen das Grundgesetz verstößt und verfassungswidrig ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, die Stichtagsregelung verstoße nicht gegen das Grundgesetz.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Betreuungsgeld nach dem Zweiten Abschnitt des BEEG, da das Kind, von dem er den Anspruch herleitet, vor dem 01.08.2012 - nämlich bereits am 27.06.2012 - geboren ist.
§ 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG, eingefügt durch Artikel 1 Nr. 17 Buchstabe b) des "Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes" (Betreuungsgeldgesetz)...