Entscheidungsstichwort (Thema)
Gründungszuschuss. Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. enger zeitlicher Zusammenhang zum Bezug von Arbeitslosengeld. Vorbereitungshandlungen. Selbstbindung
Orientierungssatz
1. Für den Anspruch auf den Gründungzuschuss ist nicht erforderlich, dass der Alg-Bezieher nahtlos vom Alg-Bezug in die Selbständigkeit wechselt, ein enger zeitlicher Zusammenhang genügt (vgl BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 11/09 R = SozR 4-4300 § 57 Nr 6) und dieser Zusammenhang kann auch durch Vorbereitungshandlungen mit Außenwirkung im Geschäftsverkehr (vgl BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 28/09 R = SozR 4-4300 § 57 Nr 5) hergestellt werden.
2. Vorbereitungshandlungen in diesem Sinne sind solche Tätigkeiten, durch die der Arbeitslose einen "point of no return" erreicht haben muss und subjektiv einer Vermittlung in abhängige Beschäftigung nicht mehr zur Verfügung steht.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 7.5.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2015 verurteilt, den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses ermessensgerecht zu bescheiden.
Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung eines Gründungszuschusses.
Auf eine Arbeitslosmeldung nach Beendigung einer abhängigen Beschäftigung als Taxifahrer war dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) bewilligt worden, das er bis zu seiner Abmeldung aus dem Leistungsbezug zum 1.2.2015 bezog. Sein Alg-Restanspruch betrug am 31.1.2015 noch 180 Tage.
Der Kläger hatte sich wegen einer selbständigen Tätigkeit als Chauffeur im Limousinen-Service entsprechend dem in seinem Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses genannten Beginn-Datum der Selbständigkeit (1.2.2015) abgemeldet.
Seit Januar 2015 hatte er diverse Aktivitäten zur Realisierung der angestrebten Tätigkeit entfaltet, darunter waren die Anmeldung zur Berufsgenossenschaft und der Abschluss einer freiwilligen Krankenversicherung zum 1.2.2015 am 10.2.2015, der Abschluss eines Kooperationsvertrages mit einer Firma B., die Fahraufträge an selbständige Fahrer mit Fahrzeug vermittelt am 6.1.2015, ein am 27.1.2015 vom Leasinggeber bestätigter Leasingantrag für ein hochwertiges Fahrzeug, der wegen Verkauf dieses Fahrzeugs nicht zustande kam, wodurch sich die Auslieferung eines anderen Fahrzeugs nach Unterzeichnung eines neuen Vertrages am 3.2.2015 auf den März 2015 verschob.
Aufträge für den Druck von Briefbögen und Quittungen waren am 10.2.2015 erteilt worden. Für seine schon 2014 registrierte web-domain (…. .de) hatte der Kläger am 10.2.2015 ein Angebot zur Erstellung einer Homepage eingeholt.
Ein Garagenmietvertrag für das Leasing-Fahrzeug war am 25.2.2015 mit Beginn 1.3.2015 abgeschlossen worden.
Weil Bemühungen aus Dezember 2014/Januar 2015, einen Kreditvertrag für den Erwerb eines Fahrzeugs zu erhalten, gescheitert waren, hatte der Kläger zur Absicherung eines Leasingvertrages mit Erfolg einen Gründer-Kreditantrag mit Absicherung durch Abschluss einer Lebensversicherung bei der KfW am 19.2.2015 gestellt und bei der D. Bank am 30.3.2015 einen von der K. Bankengruppe refinanziertes Darlehen erhalten.
Um keinen weiteren Zeitverlust zu haben, hatte der Kläger die Leasing-Sonderzahlung privat vorfinanziert und konnte dadurch die Auslieferung des Fahrzeugs am 12.3.2015 erreichen. Sofort nach Erteilung der Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz am 16.3.2015 erzielte der Kläger dann erstmals Umsätze aus der Fahrertätigkeit.
In seinem von den Banken und einer Steuerberaterin als tragfähig beurteilten Businessplan hatte er für das Jahr 2015 einen Gewinn von 14.726 € veranschlagt, der sich 2016 auf 23.837 € steigern sollte. Dieser Prognose lag noch die Annahme des wegen fehlender Kredite gescheiterten Erwerbs eines eigenen Fahrzeugs zugrunde. Infolge der hohen Leasingrate (1.659,04 € monatlich) entwickelte sich der Gewinn tatsächlich geringer; die BWA über den Zeitraum Februar bis Juli 2015 ergab mit Einbeziehung der Fahrzeugkosten einen Verlust von 12.523,67 €.
Unter Ansatz eines Beginn-Datums der Selbständigkeit am 16.3.2015 lehnte die Beklagte den Förderantrag mit Bescheid vom 7.5.2015 ab, gestützt auf einen Vorrang der Vermittlung in eine Beschäftigung als Taxifahrer, einer negativen Tragfähigkeitsprognose und einer fehlenden Unmittelbarkeit zwischen dem Ende des Alg-Bezuges und dem Beginn der Selbständigkeit.
Mit letzterem Argument und einer nach wie vor negativen Tragfähigkeitsprognose wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2015 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 8. Dezember 2015 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, die Selbständigkeit jedenfalls unter Berücksichtigung seiner intensiven Vorbereitungshandlungen ab dem 1.2.2015 begonnen zu haben. Die von fachkundiger Seite bestätigte Tragfähigkeit habe sich als richtig erwiesen. Einer BWA von Januar bis Juli 2016 zufolge erzielte der Kläger einen durchschnittlichen Gewinn von 11.078,31 €.
Der Bevollmächtigte de...