Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsschutz während der Teilnahme an einer Ausbildungsveranstaltung der Feuerwehr unabhängig von dem Bestehen einer Mitgliedschaft bei der konkreten Organisation

 

Orientierungssatz

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB 7 sind Personen kraft Gesetzes unfallversichert, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen teilnehmen.

2. Eine Feuerwehr ist ein Unternehmen i. S. dieser Norm. Deshalb ist demjenigen Versicherungsschutz zu gewähren, der sich im Interesse der Allgemeinheit an wirksamer Hilfe bei Unglücksfällen und funktionierendem Zivilschutz engagiert, vgl. BSG, Urteil vom 28. April 1977 - 2 RU 259/74.

3. Nimmt ein freigestellter Zeitsoldat zum Zweck seiner späteren Wiedereingliederung in das zivile Berufsleben an einem Brandmeisterlehrgang der Feuerwehr teil, so steht er während der Dauer einer solchen Ausbildungsveranstaltung auch dann unter Unfallversicherungsschutz, wenn er zu diesem Zeitpunkt kein reguläres Mitglied des Unternehmens i. S. eines der Feuerwehr angehörenden Brandmeisteranwärters war.

4. Mit der Einbeziehung solcher Personen in den Unfallversicherungsschutz bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er die Herausbildung ziviler Nothilferessourcen in der Bevölkerung durch die Zivilschutzunternehmen als eigenständig schützenswerten Allgemeinbelang ansieht.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 29.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2012 verpflichtet, das Ereignis vom 21.04.2009 zugunsten des Klägers als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls durch die Beklagte (Ereignis vom 21.04.2009).

Der am 00.00.1977 geborene Kläger gehörte als Soldat auf Zeit vom 01.05.1998 bis zum 30.04.2010 der Bundeswehr an. Für die Zeit vom 01.04.2008 bis zum 30.09.2009 war er zum Zwecke der späteren Wiedereingliederung in das zivile Berufsleben - Berufsförderung - zur Teilnahme an einer externen Ausbildung zum Brandmeister bei der Stadt H in Vollzeit vom militärischen Dienst freigestellt. Der mit der Stadt H geschlossene Ausbildungsvertrag enthielt einen Passus, wonach die Stadt H den Kläger während der Ausbildung weder als Brandmeisteranwärter einstelle oder übernehme, noch diesem Unfallfürsorge gewähre.

Im Rahmen des bei der Berufsfeuerwehr der Stadt H angetretenen Brandmeisterlehrgangs erlitt der Kläger am 21.04.2009 während der Pumpenmaschinistenausbildung eine Kopfverletzung durch ein im Betrieb am C-Schlauch ausbrechendes und sodann unkontrolliert samt Schlauch herumfliegendes Hohlstrahlrohr. Mit seinem Begehren, dieses Ereignis gegenüber der Bundesrepublik Deutschland - Wehrbereichsverwaltung West - als Wehrdienstbeschädigung feststellen zu lassen, blieb der Kläger bislang erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.01.2012, Az: S 1 VS 9/11, Berufung ruhend gestellt).

Auch die hiesige Beklagte, in dem oben genannten Verfahren Beigeladene zu 2), lehnte im Nachgang eine Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab (Bescheid vom 29.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2012). Zur Begründung führte sie aus, einem Unfallversicherungsschutz stehe entgegen, dass die Lehrgangsteilnahme des Klägers erkennbar nicht auf die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gerichtet, sondern einzig mit dem Ziel einer anschließend möglichen Übernahme in den Brandmeisterdienst bei der Stadt H betrieben worden sei.

Hiergegen hat der Kläger am 25.06.2012 die vorliegende Klage erhoben. Seiner Ansicht nach dürfte es auf die Ausrichtung der Brandmeisterausbildung nicht mehr ankommen, da er jedenfalls im Anschluss an den Lehrgang eine sozialversicherungspflichtige Anstellung als Mitglied einer Werksfeuerwehr angetreten haben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2012 zu verpflichten, das Ereignis vom 21.04.2009 zu seinen Gunsten als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen des Klägers unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Einlassungen aus dem Ausgangs- und Widerspruchsverfahren entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Bescheid vom 29.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.05.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten, wodurch er beschwert ist nach § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Denn der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte als der für die Feuerwehr im Land Nordrhein-Westfalen zuständige Unfallversicherungsträger die am 21.0...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?