Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Erwerbstätigkeit. monatlich gezahlte Abschläge auf die Umsatzprovision. sonstige Bezüge. laufender Arbeitslohn. Steuerrechtsanbindung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bewertung von Einnahmen als "sonstige Bezüge" iSd § 2c Abs 1 S 2 BEEG (in der seit dem 1.1.2015 geltenden Fassung) ist allein nach lohnsteuerlichen Maßstäben, also gem § 38a Abs 1 EStG iVm den geltenden Lohnsteuerrichtlinien, vorzunehmen. Ein davon unabhängiger Einkommensbegriff des Elterngeldrechts ist abzulehnen.
2. Provisionen, die monatlich ergänzend zu einem Grundgehalt gezahlt werden, sind laufender Arbeitslohn, nicht "sonstige Bezüge".
Orientierungssatz
Aktenzeichen beim LSG: L 5 EG 4/17
Tenor
Der Beklagte wird zu verurteilt, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 13. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2016 Elterngeld unter Berücksichtigung der im Bemessungszeitraum erhaltenen Umsatzprovisionen als Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1 BEEG zu zahlen.
Der Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Anspruchs der Klägerin auf die Zahlung von Elterngeld.
Mit Datum vom 19. Juni 2016 beantragte die Klägerin für ihren 2016 geborenen Sohn B. die Zahlung von Elterngeld. Daraufhin gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juli 2016 Elterngeld ab der Geburt des Kindes, dessen Höhe auf der Basis eines monatlichen Einkommens der Klägerin von 1.595,88 EUR berechnet und auf das zunächst das bis zum 8. August 2016 gezahlte Mutterschaftsgeld angerechnet wurde.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 21. Juli 2016, bei dem Beklagten eingegangen am 27. Juli 2016, Widerspruch und führte hierzu aus, dass die Berechnung des Elterngeldes zu Unrecht ohne Berücksichtigung der ihr regelmäßig zugehenden Provisionszahlungen erfolgt sei.
Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2016 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Grundsätze aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. März 2014 (B 10 EG 7/13 R) aufgrund einer Gesetzesänderung für Geburten ab dem 1. Juli 2015 keine Anwendung mehr finden könnten. Das dem Elterngeld zu Grunde liegende Einkommen aus Erwerbstätigkeit sei ohne solche Einnahmen zu bestimmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als "sonstige Bezüge" zu behandeln seien. Aus den vorgelegten Gehaltsabrechnungen gehe hervor, dass der Arbeitgeber der Klägerin die geleisteten Provisionszahlungen als "sonstigen Bezug" steuerlich verbucht habe. Die Richtigkeit dieser Lohn- und Gehaltsabrechnungen werde gesetzlich vermutet. Entsprechend könnten die geltend gemachten Provisionszahlungen nicht zur Bestimmung der Höhe des Elterngeldes herangezogen werden.
Mit Schreiben vom 11. August 2016, das am selben Tag bei dem Sozialgericht Fulda eingegangen ist, hat die Klägerin Klage erhoben und verfolgt ihr Begehren auf Zahlung eines höheren Elterngeldes weiter. Zur Begründung verweist sie darauf, dass der in der Entscheidung des BSG vom 26. März 2014 (B 10 EG 7/13 R) entwickelte eigenständige Einkommensbegriff trotz der Gesetzesänderung weiter Gültigkeit beanspruche. Hierzu hat die Klägerin Auszüge aus den arbeitsvertraglichen Abreden mit ihrem Arbeitgeber vorgelegt, wonach ihr monatlich ein Grundgehalt von 2.600,00 EUR brutto zusteht, neben dem eine Umsatzprovision in Höhe von zuletzt 0,5 % gezahlt wird. Ausweislich der vorgelegten Gehaltsabrechnungen wird der darin als "Provisionsabschlag" bezeichnete Provisionsbetrag monatlich in unterschiedlicher Höhe an die Klägerin zusammen mit dem Grundgehalt gezahlt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 13. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2016 Elterngeld unter Berücksichtigung der im Bemessungszeitraum erhaltenen Umsatzprovisionen zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, dass die frühere Auffassung des Bundessozialgerichts aufgrund der erfolgten Gesetzesänderung nicht mehr Geltung beanspruchen könne. Hiernach seien Lohnbestandteile, die steuerlich als sonstige Bezüge zu behandeln seien, bei der Bestimmung der Höhe des Elterngeldes nicht zu berücksichtigen. Dazu sei auf die geltenden Lohnsteuerrichtlinien zu verweisen und insbesondere darauf, dass die jeweiligen Lohnabrechnungen, die im Falle der Klägerin die Provisionszahlungen als sonstige Bezüge ausweisen, als richtig zu Grunde zu legen seien. Diese Bezüge seien auch entsprechend behandelt worden.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die Beklagte hat zu Unrecht die Elterngeldberechnung ohne Berücksichtigung der der Klägerin monatlich gezahlten Umsatzprovisionen vorgenommen.
1. Der Klägerin steht, insoweit zwischen den Beteiligten unumstri...