Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst b SGB 7. keine überwiegend spezifisch kirchlich-religiös orientierte Tätigkeit. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7. unternehmerähnliche Tätigkeit. Gefälligkeit. innergemeindliche Hilfeleistung. Hilfe beim Umzug. ehrenamtlicher Seelsorger einer Kirche. Kirchenmitglied

 

Orientierungssatz

1. Leistet ein ehrenamtlicher Seelsorger einer Kirche beim Umzug eines von ihm seelsorgerlich betreuten Kirchenmitgliedes mit selbstbeschafften und selbstfinanzierten Mitteln (Kfz, Anhänger) Hilfe, steht er dabei weder gem § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst b SGB 7 noch gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Zu den spezifischen Aufgabenkreis einer Kirche gehören neben der Ausübung der originären Pflichten (Verkündigung, Pflege der Glaubenslehre) auch die seelsorgerische Betreuung der Gemeindemitglieder (Hausbesuche, Krankenbesuche, besondere Betreuung von Kindern, Jugendlichen und Senioren).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Gewährung von Verletztenrente.

Der am ...1948 geborene Kläger war bis zu seiner Zurruhesetzung in der Bauabteilung der Kirche N., einer Körperschaft öffentlichen Rechts, ständig beschäftigt. Zudem war er als ehrenamtlicher Seelsorger für die Kirche N. tätig. Er führte die Amtsbezeichnung "Priester".

Am 19. Januar 2008 half der Kläger gemeinsam mit drei weiteren, der Kirche N. zugehörigen Personen (H.J., R.W. und A.S.) einem anderen Gemeindemitglied, Frau R.D., bei deren Umzug innerhalb der Gemeinde F... Während des Ausladens des vom Kläger beschafften Möbelanhängers stürzte der Kläger auf regendurchfeuchtetem Boden, als er mit einem Umzugskarton einen Hang auf dem Weg zwischen dem auf der Straße geparkten Möbeltransportfahrzeug und dem Hauseingang der von Frau D. neubezogenen Wohnung in der Straße A. hinabging. Hierbei verdrehte der Kläger sich das rechte Knie. Es kam zu einer Patellasehnenruptur rechtsseitig, die im Krankenhaus B. (im Folgenden: K1) operativ versorgt wurde.

Mit Bescheid vom 5. August 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Sturzes am 19. Januar 2008 ab. Die Tätigkeit des Klägers sei zwar nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. b Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) versichert gewesen, da aufgrund der Übersendung der Unfallanzeige seitens der Kirche N. von einem Einverständnis der Kirche mit der Tätigkeit des Klägers auszugehen sei. Das Unfallereignis sei jedoch nicht rechtlich wesentliche Ursache für den eingetretenen Körperschaden. Der von der Beklagten eingeschaltete Dr. W. sei in seinem Gutachten vom 19. Juli 2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Sturz kein adäquates Trauma für eine Ruptur der rechten Patellasehne gewesen sein könne. Bei dem vom Kläger geschilderten Wegknicken des rechten Kniegelenkes erfolge keine über das übliche Maß hinaus reichende Krafteinwirkung. Somit handele es sich bei dem Ereignis vom 19. Januar 2009 um ein Anlassgeschehen bei bestehender Schadensanlage.

Hiergegen erhob der Kläger am 2. September 2009 Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte, der Gutachter der Beklagten verkenne wesentliche Gesichtspunkte der sozialrechtlichen Kausalitätslehre. So sei eine Vorerkrankung weder genau festgestellt noch bewiesen. Daher könne eine solche auch nicht ursächlich für die Patellasehnenruptur gewesen sein. Zudem sei das Ausrutschen auf abschüssigem Gelände kein alltägliches Ereignis, welches die Annahme einer Gelegenheitsursache rechtfertigen könnte.

Im darauf eingeholten Bericht über die Operation des Klägers vom 20. Januar 2008 im K1 (Bl. 98 Verwaltungsakte) wurde ausgeführt, dass sich die rechte Patellasehne als sehr aufgefasert zeigte und ein degenerativer Vorschaden angenommen werden müsse.

Nachdem die Beklagte doch Zweifel daran äußerte, ob der Kläger eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe, legte der Kläger weiter dar, dass sich die seelsorgerische Arbeit der Kirche nicht nur auf geistlichen Beistand beschränke, sondern in Bedarfsfällen auch tatsächliche Hilfe, wie z.B. Umzugshilfe, angeboten würde. Dies resultiere aus dem Verständnis, dass der Nächste auch in natürlichen Dingen eines Beistandes bedürfe. Aufgrund seiner seelsorgerischen Beziehung zu Frau D. habe sich der Kläger bereit erklärt, beim Umzug mitzuhelfen, da die Einkommenslage von Frau D. die Beauftragung eines Umzugsunternehmens nicht zugelassen habe.

Die Beklagte befragte den Gemeindevorsteher der Kirche N. F., Herrn U. B., und Frau D. auf dem Schriftwege. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser zeugenschaftlichen Befragungen wird auf Bl. 133 ff. der Verwaltungsakte verwiesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert gewesen, da er in der Kirche N. in der Bauabteilung bes...

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