Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Arbeitslosengeldes. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell. wichtiger Grund. beabsichtigter nahtloser Übergang in die Altersrente. Prognose. maßgeblicher Zeitpunkt. geänderte Rentenpläne wegen nachträglicher Änderung der Rechtslage. abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte
Leitsatz (amtlich)
Löst ein Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis durch Abschluss eines Altersteilzeitvertrags, so kann er sich auf einen wichtigen Grund für die Arbeitsaufgabe berufen, wenn er im Anschluss an die Altersteilzeit nahtlos in den Ruhestand wechseln will und dies prognostisch möglich erscheint, insbesondere nach der rentenrechtlichen Lage. Unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer später entsprechend seiner ursprünglichen Absicht tatsächlich Altersrente beantragt oder ob er seine Pläne für den Ruhestand ändert, zB wegen einer neuen Rechtslage (entgegen LSG Stuttgart vom 24.2.2017 - L 8 AL 3805/16 = NZA-RR 2017, 318).
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Sperrzeitbescheids vom 27.2.2017 sowie Änderung des Bewilligungsbescheids vom 27.2.2017, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.3.2017, verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 1.2. - 25.4.2017 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe.
Der Kläger wurde am ...1.1954 geboren. Seit dem ...1986 war er bei der S. AG beschäftigt. Im Februar 2011 schloss der Kläger mit seiner Arbeitgeberin einen Altersteilzeitvertrag. Darin vereinbarten die Parteien Altersteilzeit im Blockmodell mit einer “Arbeitsphase„ vom 1.6.2011 - 31.3.2014 und einer “Freistellungsphase„ ab dem 1.4.2014. Am 31.1.2017 sollte das Arbeitsverhältnis enden. Laut § 1 Abs. 2 des Vertrags gingen die Vertragsparteien davon aus, dass der Kläger ab dem Folgetag eine Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen wird.
Am 1.12.2016 meldete sich der Kläger indes arbeitslos. Auf die Frage der Beklagten, warum er den Altersteilzeitvertrag geschlossen habe, gab er an, wegen eines Bandscheibenvorfalls habe ihm die S. AG Altersteilzeit angeboten. Dieses Angebot habe er aus gesundheitlichen Gründen angenommen.
Mit Bescheid vom 27.2.2017 stellte die Beklagte fest, in der Zeit vom 1.2. - 25.4.2017 sei eine zwölfwöchige Sperrzeit eingetreten; während dieser Zeit ruhe der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld. Zur Begründung gab sie an, der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags gelöst. Er habe voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos wird.
Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 35,03 € pro Tag für die Zeit vom 26.4.2017 - 25.10.2018, also erst im Anschluss an die festgestellte Sperrzeit.
Hiergegen legte der Kläger am 4.3.2017 Widerspruch ein. Er machte geltend, er habe am 11.6.2010 einen Bandscheibenvorfall erlitten. Seither habe er bei der körperlich schweren Arbeit am Fließband im Montagewerk T. permanent Schmerzen gehabt und deshalb Schmerzmittel einnehmen müssen. Gerne hätte er seine Berufstätigkeit weiterhin verrichtet; dies sei aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen. Schweren Herzens habe er daher das Angebot der Arbeitgeberin auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages angenommen. Zum damaligen Zeitpunkt habe er nicht ahnen können, dass er nach Ende der Altersteilzeit arbeitslos wird. Im Übrigen sei es aufgrund einer Gesetzesänderung im Juli 2014 nun möglich, mit “63 Jahren„ abschlagsfrei in Rente zu gehen, wenn man über 45 Beitragsjahre verfügt. Letzteres treffe auf ihn zu.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9.3.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, bei Abschluss des Altersteilzeitvertrags im Februar 2011 habe für den Kläger keine konkrete Aussicht auf eine Beschäftigung unmittelbar im Anschluss an die Altersteilzeit bestanden. Er habe also die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Einen wichtigen Grund für die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses habe der Kläger nicht nachgewiesen. Sie sei nicht davon überzeugt, dass er gesundheitlich außerstande gewesen wäre, seine Tätigkeit bei der S. AG weiterhin auszuüben - trotz des Bandscheibenvorfalls im Sommer 2010. Immerhin habe er noch bis zum 31.12.2013 ohne nennenswerte Arbeitsunfähigkeitszeiten weiter gearbeitet. Im Übrigen habe der Gesetzgeber mit der Altersteilzeit einen nahtlosen Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglichen wollen - ohne einen Zwischenschritt über die Arbeitslosigkeit. Angesichts dessen fehle es an einem wichtigen Grund für die Arbeitsaufgabe, wenn sich der Arbeitnehmer nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitslos meldet, anstatt planmäßig Altersrente, ggf. mit Abschlägen, zu beantragen. Zu Recht habe sie daher den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit festgestellt. Es liege a...